Sonntag, 2. August 2020

Die als flüchtig gesetzte Substanz.

seo-blog                                                                          aus Marxiana

Das Geld in seiner lezten, vollendeten Bestimmung erscheint nun nach allen Seiten als ein Widerspruch, der sich selbst auflöst; zu seiner eignen Auflösung treibt. Als allgemeine Form des Reichthums steht ihm die ganze Welt der wirklichen Reichthümer gegenüber. Es ist die reine Abstraction derselben, – daher so festgehalten blo-se Einbildung. Wo der Reichthum in ganz materieller, handgreiflicher Form als solcher zu existiren scheint, hat er [als Geld] seine Existenz blos in meinem Kopf, ist ein reines Hirngespinst. Midas.

Andrerseits als materieller Repräsentant des allgemeinen Reichthums wird es blos verwirklicht, indem es wieder in Circulation geworfen, gegen die einzelnen besondren Weisen des Reichthums verschwindet. In der Circula-tion bleibt es als Circulationsmittel; aber für das aufhäufende Individuum geht es verloren und dieß Verschwin-den ist die einzig mögliche Weise es als Reichthum zu versichern. 

Die Auflösung des Aufgespeicherten in einzelnen Genüssen ist seine Verwirklichung. Es kann nun wieder von andren Einzelnen aufgespeichert werden, aber dann fängt derselbe Prozeß von neuem an. Ich kann sein Sein für mich nur wirklich setzen, indem ich es als bloses Sein für andre hingebe. Will ich es festhalten, so verdun-stet es unter der Hand in ein bloses Gespenst des wirklichen Reichthums. 

Ferner: Das Vermehren desselben durch seine Aufhäufung, daß seine eigne Quantität das Maaß seines Werths ist, zeigt sich wieder als falsch. Wenn die andren Reichthümer sich nicht aufhäufen, so verliert es selbst seinen Werth in dem Maaß in dem es aufgehäuft wird. Was als seine Vermehrung erscheint, ist in der That seine Ab-nahme. Seine Selbstständigkeit ist nur Schein; seine Unabhängigkeit von der Circulation besteht nur in Rück-sicht auf sie, als Abhängigkeit von ihr. Es giebt vor allgemeine Waare zu sein, aber ihrer Natürlichen Beson-derheit wegen, ist es wieder eine besondre Waare, deren Werth sowohl von Nachfrage und Zufuhr abhängt, als er wechselt mit seinen spezifischen Productionskosten. 

Und da es selbst in Gold und Silber sich incarnirt, wird es in jeder wirklichen Form einseitig; so daß wenn das eine als Geld das andre als besondre Waare und vice versa er-scheint und so jedes in beiden Bestimmungen erscheint. Als der absolut Sichre, ganz von meiner Individualität unabhängige Reichthum, ist es zugleich als das mir ganz äusserliche, das Absolut Unsichre, das durch jeden Zufall von mir getrennt werden kann. Ebenso die ganz widersprechenden Bestimmungen desselben als Maaß, Circulationsmittel, und Geld als solches. 

Endlich in der lezten Bestimmung widerspricht es sich noch, weil es den Werth als solchen / repräsentiren soll; in der That aber nur ein identisches Quantum von veränderlichem Werth* repräsentirt. Es hebt sich daher auf als vollendeter Tauschwerth. 
___________________________________________
K. Marx, Grundrisse, MEGA II/1.1 [MEW 42, S. 160]

*) nämlich als Edelmetall; aber auch die Papierwährungen wechseln ihren Wert nach Marktlage. Dagegen wird der Reichtum längst nicht mehr als Geld angehäuft, sondern "in Papieren angelegt". Deren Börsenwerte wer-den in Geld angegeben. Es steht nicht für eine Sache ein – den Wert –, sondern für ein Verhältnis: den Wert. Und ein Verhältnis ist veränderlich in dem Maße, wie die sich gegeneinander Verhaltenden ihr Verhalten än-dern.
JE, 26. 10. 15



 

Wie kann etwas durch sein bloßes Dasein wirken?

  V                                    aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

c. Zuvörderst  der schwierigste Punkt: Wie kann überhaupt etwas durch sein bloßes Dasein im Raume, ohne alle Bewegung, wirken?

Die Einwirkung soll geschehen durch ein vernünftiges Wesen als solches; sie muss daher geschehen nicht durch unmittelbare Berührung und Hemmung seines niederen Organs, sondern auf sein höheres, demnach vermit- telst der subtileren Materie. Nun ist oben von dieser allerdings angenommen, dass sie ein Mittel der wechselsei- tigen Einwirkung vernünftiger Wesen auf einander sei - dadurch, dass sie durch eine Bewegung des höheren Organs selber modifiziert würde. 

Das aber soll der Fall hier nicht sein. Ein menschlicher Leib soll in seiner Ruhe, ohne alle Tätigkeit, eine Ein- wirkung hervorbringen: Die subtilere Materien muss daher in unserem Falle so gesetzt werden, dass sie durch die bloße ruhende Gestalt modifiziert werde, und zufolge der erhaltenen Modifikation den höheren Sinn eines mög-lichen anderen Wesens modifizieren. -

Der menschliche Leib wird bis jetzt bloß als Gestalt im Raume betrachtet, mithin muss das von ihm Erwiesene für alle Gestalt gelten und so gesetzt werden.
_____________________________________________________________________
J. G. Fichte, Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 75


 
Nota. I - Das ist ja haarsträubend! Merkt er nicht, dass er sich über beide Ohren in das Reich metaphysischer Bleigießerei begeben hat? Dass es geschehen musste - nämlich seiner Bedeutung nach -, hat die Transzendental- philosophie als - nach ihren Voraussetzungen - notwendig nachzuweisen. Dass es geschehen ist, beweist das hi- storische Faktum der Vernunft. Wie es geschen konnte, haben die reellen Wissenschaften aufzuklären. Es liegt außerhalb der Transzendentalphilosophie.

Der Geisteswissenschaftler Dilthey spricht von "objektivem Geist", der Kulturphilosoph Ernst Cassirer spricht von "symbolischer Form", und beide gehen sie historisch und phänomenologisch an ihren Gegenstand. Sie waren als historische Realwissenschaftler, jeder auf seine Art, Kantianer, aber Transzendentalphilosoph war der eine so wenig wie der andere. Sie haben nach kritizistischen Prämissen am historischen Material gearbeitet, gottlob

Dafür, dass F. sich damit nicht bescheidet, gibt es keinen Grund; aber er hatte ein Motiv. Wenn er Vernunft nicht als von vorn bis hinten gemacht auffassen kann - wozu er ihre Generatio aequivoca in der bürgerlichen Ge- sellschaft, nämlich in der Ausbildung des Marktes hätte lokalisieren müssen -, sondern sie doch irgendwie für vorgegeben halten will und also nicht durch ein Tun, sondern ein Sein überliefert ansehen muss, dann... muss er aufs physische Material setzen. 

Es ist bemerkenswert, dass er an dem Punkt, wo er die Transzendentalphilosophie verlässt, zu einem dogma- tischen Materialisten wird. Immerhin nicht zum Spiritualisten - oder gerade doch auch?
29. 4. 19
 

Nota II. -  Der energische Fürsprecher der Kritischen Philosophie wird sich nicht ausgerechnet gegen sich selber unkritisch verhalten. Daher der heutige Eintrag:

"Dass es geschehen musste - nämlich seiner Bedeutung nach -, hat die Transzendentalphilosophie als - nach ihren Voraussetzungen - notwendig nachzuweisen." Da ist mir ein böser Schnitzer unterlaufen. Die Transzendentalphilo-sophie, die ja doch nur mit Bedeutungen zu tun hat und keinen Fakten, wird an keiner Stelle irgendetwas als notwen-dig behaupten - nämlich in dem Sinne, dass es unabhängig von der Wahl eines freien Willens 'zur Geltung gekom-men' sei. Die Transzendentalphilosophie muss und kann immer nur die Bedingungen der Möglichkeit genetisch her-leiten. Ob ein freier Wille diese Bedingungen, sofern sie gegeben waren, zu dieser oder einer andern Wahl ge-nutzt hat, machte eben seine Freiheit aus.

Wahr bleibt freilich immer, dass die aktuelle Geltung der Vernunft der historische Ausgangspunkt des ganzen kriti-schen Vorgehens war. Will die Transzendentalphilosphie die kritische Sichtung der Vernunft zu einem erfolg-reichen Schluss führen, dann muss sie freilich... usw.  

Will sie? Natürlich will sie.


Nota III. - Zurück zur Eingangsfrage: Wie kann etwas durch sein bloßes Dasein wirken? Einfach dadurch, dass es im Bewusstsein einer Reihe vernünftiger Wesen einem Zweckbegriff zugeordnet war - oder aktual von einem ver-nünftigen Idividuum zugeordnet wird.  

Wie das geschieht? Von Hirnphysiologie weiß er noch nichts. Und die Hirnphysiologie weiß davon bis heute nichts. Die Transzendentalphilosophie muss immer nur die Bedingungen der Möglichkeit usw. ... Die Hirnphy-siologie hat es dagegen mit Fakten zu tun. Philosophische Deutungen sind nicht ihres Amtes.

JE




Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.JE 

Rückwärtsgekehrte Prophetie.

                                                          aus Philosophierungen
 
Historia abscondita. — Jeder grosse Mensch hat eine rückwirkende Kraft: alle Geschichte wird um seinetwillen wieder auf die Wage gestellt, und tausend Geheimnisse der Vergangenheit kriechen aus ihren Schlupfwinkeln — hinein in seine Sonne. Es ist gar nicht abzusehen, was Alles einmal noch Geschichte sein wird. Die Vergan-genheit ist vielleicht immer noch wesentlich unentdeckt! Es bedarf noch so vieler rückwirkender Kräfte!
________________________________
Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, N°34




Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.JE 

Samstag, 1. August 2020

Mit der Sensibilität eines Neanderthalers.

Neanderthals hunt a cave bear PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright JerryxLoFaro StocktrekxIma
aus Süddeutsche.de,

Eine genetische Mutation machte die Frühform des Menschen womöglich empfindlicher für Schmerzen. Bis heute tragen manche Leute die Erbgut-Variante in sich.

Von Werner Bartens

Schwer zu sagen, was so ein Neandertaler tatsächlich gespürt hat, wenn er verletzt war oder krank wurde. Ob er weitgehend schmerzfrei war oder vielleicht besonders sensibel. Womöglich haben diese entfernten Verwandten des modernen Menschen, die vor 500 000 Jahren durch die Steppen streifte, auch nicht viel Aufhebens um ihre Empfindungen gemacht, sondern waren mit der Nahrungssuche sowie der Abwehr von Feinden ausgelastet. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben nun allerdings Hinweise dafür gefunden, dass die Neandertaler Schmerzreize womöglich intensiver wahrgenommen haben als die meisten modernen Menschen. Die Ergebnisse wurden gerade im Fachma-gazin Current Biology veröffentlicht.

Das Team um Hugo Zeberg und Svante Pääbo hat einen experimentellen Ansatz gewählt, der reizvolle Spekulationen erlaubt, aber keine definitiven Aussagen über das Schmerzempfinden in der Frühzeit. "Ob Neandertaler tatsächlich vermehrt Schmerzen gespürt haben, ist schwer zu sagen", schränkt Pääbo ein. "Schließlich wird die Schmerzwahrnehmung auch in Rückenmark und Gehirn moduliert."

Ist der Natrium-Kanal defekt, können Menschen gar keine Schmerzen empfinden

Das, was als Schmerz empfunden wird, ist eben nicht nur von der Intensität des peripheren Reizes abhän-gig, sondern während der Signalweiterleitung an das Gehirn gibt es verstärkende und hemmende Faktoren, die darüber bestimmen, wie stark die Pein wahrgenommen wird. Wer in einen Nagel tritt, kann in einer be-sonders verletzlichen Situation laut aufheulen. Zu einem anderen Zeitpunkt spürt er den Schmerz hingegen vielleicht kaum.

Da das Neandertaler-Genom inzwischen gut bekannt ist, haben die Wissenschaftler die Erbanlagen für einen zellulären Natrium-Kanal sowie den Ionen-Kanal selbst genauer untersucht, der für den Beginn der Schmerzweiterleitung wichtig ist. Die genetische Variante der Frühmenschen unterscheidet sich von jener der meisten modernen Menschen.

In Versuchen im Labor zeigte sich, dass die elektrische Nervenerregung an Zellen, die Ionen-Kanäle wie jene der Neandertaler aufwiesen, leichter ausgelöst werden konnte. Die Schmerzschwelle lag niedriger; es waren geringere Reize nötig, um eine unangenehme Empfindung zu spüren. Theoretisch legt das eine in-tensivere Schmerzwahrnehmung nahe, allerdings ist das, was als Schmerz im Gehirn ankommt, eben nicht nur von einem Ionen-Kanal und der Reizleitung im Nervensystem abhängig. Wer gedrückter Stimmung ist oder sich einsam fühlt, nimmt Schmerzen ebenfalls stärker wahr.

Die Kinder sprangen von Hausdächern und spürten nicht, wenn ihre Knochen brachen

Um ihre Befunde zu untermauern, untersuchten die Wissenschaftler zusätzlich das Genom moderner Menschen. Sie fanden an Probanden aus Großbritannien, dass ein kleiner Teil der heutigen Zeitgenossen ebenfalls die Neandertaler-Variante im Erbgut trägt. Werden diese nach ihrem Schmerzempfinden befragt, geben sie ebenfalls eine höhere Intensität an, ihre Schmerzschwelle liegt niedriger.

Zur Erläuterung wählt Hugo Zeberg einen interessanten Vergleich, denn ein wichtiger Faktor für die Schmerzwahrnehmung ist das Alter. Je älter die Menschen sind, desto häufiger berichten sie von Schmer-zen, wobei unklar bleibt, ob sie empfindlicher werden oder schlicht das Ausmaß körperlicher Pein steigt. "Mit der Neandertal-Variante für den Ionen-Kanal ist das Schmerzempfinden so, als ob man acht Jahre älter wäre", sagt Zeberg. "Diese Variante umfasst drei Veränderungen der Aminosäuren im Vergleich zu der verbreiteten modernen Form." Wenn nur eine Aminosäure ersetzt ist, beeinträchtigt das die Funktion des Ionen-Kanals nicht, sind hingegen alle drei verändert, führt das bei heutigen Menschen zu erhöhter Schmerzempfindlichkeit.

Vor Jahren hatten Forscher den seltenen Fall einer pakistanischen Familie beschrieben, die keinerlei Schmerzen empfinden konnte. Die Kinder sprangen von Hausdächern und spürten nicht, wenn ihre Kno-chen brachen. Als "Straßentheater" bezeichneten sie es, wenn sie sich zur Irritation der Schaulustigen Messer in Arme oder Beine stachen. Alt wurden sie nicht, denn Schmerz zu spüren ist auch ein Warnhin-weis für Verletzungen und Gefahr. Der Grund für ihre Unempfindlichkeit lag ebenfalls im Erbgut. Sie wiesen eine Mutation im Gen für den gleichen Natrium-Kanal auf, der bei den Neandertalern verändert war. Im Fall der Familie aus Pakistan war er jedoch nicht überempfindlich, sondern defekt, sodass keinerlei Schmerzimpulse weitergeleitet wurde.

Dialektik als Kritik.

systembruch                                                                 aus Marxiana

Diese Mißverständnisse Ricar-/dos gehn offenbar daraus hervor, daß er selbst nicht klar über den Process war, noch sein konnte als Bourgeois. Einsicht in diesen Process ist = dem statement, daß das Capital nicht nur, wie A. Smith meint Commando über fremde Arbeit ist, in dem Sinne wie jeder Tauschwerth es ist, weil er seinem Besitzer Kaufmacht giebt, sondern daß es die Macht ist sich fremde Arbeit ohne Austausch, ohne Equivalent, aber mit dem Schein des Austauschs, anzueignen. 

Ricardo weiß A. Smith und andren gegenüber, die in denselben Irrthum verfallen über Werth as determined by labour, und über Werth as determined by the price of labour (wages) nie anders zu refütiren als so: daß er sagt mit dem Product derselben Quantität Arbeit kann man bald mehr, bald weniger lebendige Arbeit in Bewegung setzen, d. h. er betrachtet das Product der Arbeit in Bezug auf den Arbeiter nur als Gebrauchswerth – den Theil des Products den er braucht um leben zu können als Arbeiter. 

Woher es aber kömmt, daß auf einmal der Arbeiter in dem Austausch nur Gebrauchswerth repräsentirt oder nur Gebrauchswerth aus dem Austausch zieht, ist ihm by no means klar, wie schon seine nie allgemein, son-dern stets an einzelnen Beispielen demonstrirende Argumentation gegen A. Smith beweist. 
________________________________________________
K. Marx, Grundrisse, MEGA II/1.2 S. 447f. [MEW 42, S. 456]

 

Nota. Das ist der Sinn der dialektischen Darstellungsweise bei Marx: ein kritischer. Den Ökonomen wird demonstriert, was sie tatsächlich sagen, was sie stattdessen zu erklären hätten, aber nicht erklären können – nämlich in ihrer eigenen Begriffsscholastik. Konkret: Es wird gezeigt, dass der dialektische Umschlag von Ge-brauchswert in Tauschwert gerade nicht stattfindet  und dies bei der Ware par excellence, der Arbeitskraft. Die bürgerliche Wirtschaftsweise ist eben kein System, das sich auf dialektische Weise "bewegt"; nämlich (selber) setzt und entgegesetzt. Das ist nur ihr Schein.
JE, 27. 9. 15


 

Die pragmatische Geschichte der Vernunft.

                                 aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

So gewinnt Fichtes Satz, die Wissenschaftslehre sei die pragmatische Geschichte des menschlichen Geistes, einen fassbaren Sinn: Die Wissenschaftslehre beschreibt den Weg, den die Intelligenz nehmen musste, um zur Vernunft zu kommen.

Als 'pragmatisch' wurde bis ins neunzehnte Jahrhundert eine Geschichtsschreibung verstanden, die nicht ein-fach erzählen wollte, "wie es gewesen ist", mit all den Zufällen, Peripetien und anekdotischen Seitenwegen; sondern aus den dummen Fakten eine Entwicklung auf einen erwünschten Zweck hin destillieren will; in der Regel, um die Geschichte eines Volks, einer Nation, eines Staates als den unaufhaltsamen Aufstieg der gerade re-gierenden Dynastie darzustellen: nicht nur, dass es so war, sondern dass es so kommen musste, und dass es gut so war; Geschichtsschreibung als vulgäre Apologetik.

Diesen Spieß dreht Fichte um. Die Geschichte der Intelligenz ist keine Privatangelegenheit, sondern die Aus-bildung einer Reihe vernünftiger Wesen. Eine solche wird nun nicht postuliert, sondern als vorgefunden berichtet: Zu Fichtes Lebzeiten gibt es 'Vernunft'. Die rationalistischen Metaphysiken mit ihrer dogmatischen Fetischisierung der Begriffe war soeben von der Kant'schen Kritik überwunden worden. War das autonome Subjekt der Aufklärung erst noch Projekt gewesen, nimmt es mit der (französischen) Revolution und ihrem Widerhall, der (deutschen) Ro-mantik historische Gestalt an.

Die Wissenschaftslehre rekonstruiert das Schema, das die Intelligenz (die menschliche, von einer andern wissen wir nichts) historisch entwickelt hat und genetisch entwickeln musste, um vernünftig zu werden.
9. 1. 16




Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.  

...ist das Maß aller Dinge?

                                                                                                   aus Philosophierungen                                                                                            
Es ist eine Frage der Selbstachtung. Ein Leben, das sein Maß nicht außer sich sucht, ist ohne Würde. So lebt der Wurm.
wurm
30. 7. 14

Nota. Die obigen Bilder gehören mir nicht, ich habe sie im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.
JE