Samstag, 27. März 2021

Neues von den Wurmlöchern.

  wohnglueck                         zuJochen Ebmeiers Realien aus derStandard.at, 26. März 2021                    Neues Modell lässt winzige Wurmlöcher weniger exotisch erscheinen als bisherige Theorien.

Wurmlöcher durch Zeit und Raum – ganz ohne exotische Materie
Winzige hypothetische Tunnel in der Raumzeit könnten auch ohne Materie mit negativer Masse funktionieren

In vielen Science-Fiction-Geschichten sind sie fixer Bestandteil des Universums und liefern häufig auch eine Möglichkeit, die gigantischen Distanzen zwischen den Sternen abzukürzen. In unserer Physik sind Wurmlöcher in der Raumzeit bislang allerdings nur rein hypotheti-sche Gebilde. Ein internationales Forscherteam präsentierte dazu nun ein neues theoreti-sches Modell, in dem mikroskopisch kleine Wurmlöcher eine bedeutende Rolle spielen – und womöglich leichter zu öffnen sind als bisher gedacht.

Gummituch und Tunnel

Bisher sind Wurmlöcher ausschließlich in den Gleichungen der allgemeinen Relativitätsthe-orie aufgetaucht, die Albert Einstein 1916 veröffentlichte. Eine wichtige Annahme der The-orie ist, dass das Universum vier Dimensionen hat – drei Raumdimensionen und die Zeit als vierte Dimension bilden zusammen die sogenannte Raumzeit. Sie wird durch schwere Objekte wie Sterne gekrümmt, ähnlich wie ein Gummituch, auf dem eine Metallkugel ein-sinkt. Die Krümmung der Raumzeit bestimmt, wie sich Objekte wie Raumschiffe und Planeten, aber auch Licht bewegen.

"Theoretisch könnte die Raumzeit auch ohne schwere Objekte verbogen und gekrümmt werden", meint Jose Luis Blázquez-Salcedo von der Universität Oldenburg, der inzwischen an die spanische Universidad Complutense de Madrid gewechselt ist. Ein Wurmloch wäre demnach ein extrem stark gekrümmter Bereich der Raumzeit, der zwei miteinander verbundenen Trichtern ähnelt und zwei weit entfernte Orte wie ein Tunnel verbindet. "Mathematisch gesehen ist so eine Abkürzung möglich, jedoch hat noch nie jemand ein echtes Wurmloch beobachtet", so der Forscher.

Verwandlung in ein Schwarzes Loch

Ein solches Wurmloch wäre außerdem instabil: Würde beispielsweise ein Raumschiff hineinfliegen, so würde es sofort zu einem Schwarzen Loch kollabieren, also einem Objekt, in dem Materie auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Die Verbindung zu anderen Orten des Universums wäre gekappt. Um das Wurmloch offen zu halten, benötigen bisherige Modelle eine exotische, nur theoretisch denkbare Form der Materie, die eine negative Masse hat – die also vereinfacht gesagt weniger wiegt als nichts.

Blázquez-Salcedo und seine Kollegen Christian Knoll von der Universität Oldenburg und Eugen Radu von der Universidade de Aveiro in Portugal zeigen nun jedoch in ihrer Studie, dass Wurmlöcher auch ohne diese Annahme passierbar sein können. Die Forscher wählten dafür einen vergleichsweise einfachen, "semiklassischen" Ansatz, wie sie in den "Physical Review Letters" schreiben: Sie verbanden Elemente der Relativitätstheorie mit Elementen der Quantentheorie und der klassischen Theorie der Elektrodynamik.

Ein Wurmloch ist gleichsam eine Abkürzung durch die vierdimensionale Raumzeit – zumindest in der Theorie 

Die Dirac-Gleichung macht's möglich

Als Materie, die das Wurmloch durchqueren soll, betrachteten sie bestimmte Elementarteilchen wie beispielsweise Elektronen mitsamt ihrer elektrischen Ladung. Als mathematische Beschreibung wählten sie die Dirac-Gleichung, eine Formel, die die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Teilchens gemäß der Quantentheorie und der Relativitätstheorie als sogenanntes Dirac-Feld beschreibt.

Wie die Physiker in ihrer Studie berichten, ist es die Berücksichtigung des Dirac-Felds, das in ihrem Modell die Existenz eines für Materie durchquerbaren Wurmlochs erlaubt. Die Voraussetzung ist, dass das Verhältnis zwischen der elektrischen Ladung und der Masse des Wurmlochs einen bestimmten Grenzwert überschreitet. Neben Materie könnten auch Signale – etwa elektromagnetische Wellen – die winzigen Tunnel in der Raumzeit durchqueren.

Zu klein für die Reise

Für interstellare Reisen wären die mikroskopisch kleinen Wurmlöcher, die sich das Team vorstellt, wohl nicht geeignet. Zudem müsste das Modell noch weiter verfeinert werden, um herauszufinden, ob es die eigenartigen Gebilde tatsächlich geben könnte. "Wir vermuten, dass die Wurmlöcher auch in einem vollständigen Modell existieren können", sagt Blázquez-Salcedo. (red.)

Links

 
Nota. - Ich wiederhole mich: Der Designer, der das ersonnen hat, war nicht intelligent, sondern mit einer unkontrollierbaren Phantasie geschlagen, die zu einem unerforschlichen Ratschluss sublimiert wurde. Dem Mann ist nicht zu trauen.
JE

Freitag, 26. März 2021

Nur dem Suchenden ist etwas gegeben.


  baseball                                      zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

B) Dieses als gegeben Erscheinende und in soweit von der Freiheit Unabhängige muss in anderer Rücksicht gesetzt werden als abhängig von ihr. In wiefern es sein kann oder nicht, erscheint es als abhängig, in wiefern es aber überhaupt gesetzt werden muss, als unabhängig; es wird doppelt angesehen. Hier erhalten wir also eine bestimmte Anwendung des oben an-gegebenen allgemeinen Satzes: Alles Bewusstsein geht von einem Übergehen vom Bestimm-baren zum Bestimmten aus.

C) Aber das Bestimmbare und das zu Bestimmende sind synthetisch vereinigt im Bewusst-sein. Ich setze das Bestimmbare nur, in wiefern ich mich übergehend setze , und dies kann ich nur, in wiefern ich es als gegeben setze.

Es ist nicht gegeben, außer in wiefern ich darauf wirke, denn erst im freien Willen wird es mir gegeben, aber ich kann nichts wirken, was ich nicht schon habe.
_______________________________________________________  
J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 109

  


Nota I. - Das ist der Stein des Weisen: Nichts ist gegeben außer einem freien Willen. Es ist der Ursprung aller Dialektik. Wäre ich nicht frei, könnte ich nicht wirken, und nur einem Wirkenden begegnet ein Gegebenes. Doch in wiefern es ihm gegeben ist, ist er nicht frei.

Dies wiederholt sich als Scheidung von realer und idealer Tätigkeit: Die reale Tätigkeit ist frei, bis sie auf einen Widerstand stößt, der ein Gefühl hervorbringt. Auf dieses Gefühl muss die ideale Tätigkeit reflektieren, insofern ist sie gebunden und unfrei.

28. 10. 16

Nota II. - Nichts ist gegeben, was nicht genommen wurde. Auch wenn einer "nur rezeptiv" wäre, müsste er das Rezipieren schon selber besorgen. Das Wasser dringt nicht in die Pflan-ze ein, sondern wird von ihr auf biomechanischen Wegen aufgesogen, das Licht 'tut' nicht dies oder das, sondern wird auf photochemischen Wegen in Blattgrün umgewandelt. Selbst Stoffwechsel ist 'Tätigkeit'.

Er ist kein Handeln. Dazu bedürfte es eines Willens, und den hat nur der Mensch (und dar-um nennen wir ihn so). Er ist ständig auf der Suche, weil er unablässig absieht
9. 12. 18

Nota III. - Dem unfreien Tier seinerseits ist nichts gegeben: weil es nicht ihm gegeben ist. Es ist, und damit gut - das Tier so wohl als alles Andere; denn alles, was in seiner Umwelt vorkommt, gehört ihm "von Natur an" und ist insofern gar nicht 'anders', sondern apriori seins. Es hat, was es braucht; wonach sollte es suchen? Was ihm von vornherein zukommt, ist ihm nicht 'gegeben', weil es nicht in seiner Macht stand, es zurückzuweisen

- Das ist Hirnwweberei, aber Unfug ist es nicht. 

JE

Pascals Wette.

ausbildung                                                                    aus Philosophierungen

Wenn du dein Leben so führst, als ob es einen Sinn hätte, wird es einen Sinn gehabt haben.

23. 11. 18

 

 

Die Shigir-Stele.

                                                          zu

aus Tagesspiegel.de,

Kunst aus der Kälte
Altes Holz und eine neue Geschichte
Eine Stele aus einem Torfstich im Ural ist älter als vermutet. Der Befund wirft ein neues Licht auf Kunst und Kultur dort, wo man sie bislang nicht erwartete.
 
von

Es ist ein Merksatz, den auch Virologen derzeit gern anbringen: Abwesenheit von Evidenz ist nicht Evidenz von Abwesenheit. Etwas einfacher ausgedrückt: Wenn man etwas nicht findet, bedeutet das nicht, dass es nicht existiert. Bei einem Erreger kann das zum Beispiel heißen, dass er, auch wenn es noch keinen Nachweis dafür gibt, längst in problematischer Weise mutiert sein kann.

Unter Forschenden allgemein ist der Satz schlicht eine Warnung, sich stets auch daran zu erinnern, dass man manches, was vielleicht wichtig ist, vielleicht einfach noch nicht weiß. Das gilt vor allem dort, wo es offensichtlich besonders schwer ist, „Evidenz“ zu finden, etwa in der Paläontologie.

Alter Fund, neuer Befund

Gegenüber der New York Times sagte nun der Paläoanthropologe João Zilhão von der Universität Barcelona wieder einmal genau diesen Satz. Er sagte ihn, weil es jetzt eben doch jene Evidenz für etwas gibt, was eine seiner Meinung nach sehr einseitige Ur- und Frühgeschichtsforschung lange Zeit für undenkbar hielt: kulturell, künstlerisch, spirituell-religiös hochentwickelte menschliche Gesellschaften bei Jägern und Sammlern vor mehr als 10 000 Jahren. Er sagt, es sei nun sogar an der Zeit, die Ur- und Frühgeschichte umzuschreiben.Grund dafür ist nicht einmal ein neuer Fund, sondern ein ziemlich alter – aber ein neuer Befund dazu. Dieser stammt aus dem Labor des Göttinger Professors für Ur- und Frühgeschichte Thomas Terberger. Er und seine Kolleginnen und Kollegen haben nichts anderes gemacht, als von ein paar Stücken Lärchenholz das Alter mit den besten verfügbaren Methoden zu bestimmen. Ergebnis der Messungen per Beschleunigungs-Massenspektrometrie: 12 100 Jahre.

Aus altem Holz geschnitzt

Aus jenem Holz ist das so genannte Shigir-Idol, das 1890 in einem Torfstich im Ural unweit des russischen Jekaterinburg gefunden wurde. Als Jäger und Sammler es dort benutzten, war es insgesamt möglicherweise mehr als fünf Meter lang, beziehungsweise hoch: eine Stele mit zahlreichen abstrakten Mustern verziert. Sie zeigt zudem acht menschliche Gesichter, eines davon ganz oben, mit geöffnetem Mund und, wie Terberger der „Times“ sagte, recht angsteinflößend dreinblickend.

Derart altes Holz guterhalten zu finden und auch auf Torfstecher vor anderthalb Jahrhunderten zählen zu können, die seine Besonderheit erkennen, ist der sprichwörtliche Lottogewinn mit Superzahl. Die neue Datierung der Stele, die lange Zeit auf ein Alter von etwa 9500 Jahren beziffert wurde, legt vor allem eines nahe: Um das Ende der letzten Eiszeit herum, ganz ohne Landwirtschaft und Sesshaftwerdung und weitab von den Gegenden, in denen bislang Jahrtausende später erst der Ursprung einer komplexen Kultur für möglich gehalten wurde, hat es genau das gegeben. Was fehlt, sind genügend Nachweise, weil die Zeugnisse dafür in Gegenden, in denen es viel Holz gab, schlicht meist aus Holz waren und in den allermeisten Fällen längst verrottet sind. Sie sind damit, wie Zilhão sagt, „archäologisch unsichtbar“.

Allzu menschliche Kultur

Ähnliches gilt für Zeugnisse von Kunst und Kultur der Neandertaler. In den letzten Jahren hat es auch hier Funde gegeben, die die alte Sicht des plumpen und dem „modernen“ Menschen schlicht kognitiv unterlegenen Urmenschen-Cousins als nicht mehr haltbar erscheinen lassen. Die Ur- und Frühgeschichte des oder der Menschen scheint jedenfalls komplexer zu sein, als es in den Büchern steht – und Kultur und Kunst älter und weiterverbreitet als lange angenommen.

Der Abwesenheit von Evidenz versuchen etwa in Russland Paläoanthropologen durch gezielte Suche, unter anderem in ganz ähnlichen Torfstichen zu begegnen. Mikhail Zhilin von der russischen Akademie der Wissenschaften und Co-Autor der neuen Studie, die in „ Quaternary International“ erschienen ist, ist einer von ihnen. Der „New York Times“ sagte er, eine ganz andere Abwesenheit sei für Leute wie ihn das größte Problem: die Abwesenheit ausreichender finanzieller Mittel für Grabungen.

 

Nota. - Was das Sensationelle daran sein soll, ist mir schleierhaft. Die Höhlenmaler und -schnitzer von der Dordogne und der Schwäbischen Alb lebten vor rund 40 000 Jahren, also viel früher als die Holzschnitzer im Ural . und dreimal so lange vor dem Ausbruch von Landwirtschaft und Arbeitsgesellschaft. Dass ihre Kunst kultischen und nicht privat-persönlichen Charakter gehabt habe, wurde meines Wissens auch nie bezweifelt. Dass die Shigir-Stele dreitausend Jahre älter ist als der Tagesspiegel dachte, wirft keinen vom Hocker. 

Zumal, als ich es schon vor drei Jahren berichtet habe. Nur eben, dass es dort kühler und kärger ist als etwa in Göbekli Tepe...

JE

Donnerstag, 25. März 2021

Das Unsagbare.

                                                                                         aus Philosophierungen

Das Unaussprechbare (das, was mir geheimnisvoll erscheint & ich nicht auszusprechen vermag) gibt vielleicht den Hintergrund, auf dem was ich aussprechen konnte, Bedeutung bekommt.
1. 10. 1931

____________________________________________________________
Ludwig Wittgenstein, Vermischte Bemerkungen, Frankfurt/M., 1994, S. 52



Nota. - Alles, was ich aussprechen kann, ist nicht alles, was ich mir vorstellen kann. Aus-sprechen kann ich, was in mein Sprachspiel mit den Andern eingegangen ist. Gibt es etwas, das ich mir nicht vorstellen kann? Kann ich mir gar nicht vorstellen. 

Wenn ein anderer sich etwas vorstellt, das ich mir nicht vorstelle, muss er es sagen. Kann ich es mir dann immer noch nicht vorstellen, habe ich ihn nicht verstanden. Das mag die Schuld des Sprachspiels sein. Ob es etwas gibt, das ich mir nicht vorstellen kann, kann ich gar nicht wissen, denn dazu müsste ich es mir vorstellen. 

Etwas, das mir rätselhaft erscheint, kann ich mir gottlob vorstellen. Aussprechen kann ich es nicht, weil ich es nicht bestimmen kann; sonst wäre es ja nicht rätselhaft.
JE, 28. 11. 18

 

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE   

Unendlich scheitern und streben.

oresundbron                    zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik  

...nämlich bei aller Bemühung können wir die Untersuchung über die Hauptsynthesis nie-mals erschöpfen; wir können sonach nimmermehr das Bestimmte und Bestimmende als eins anschauen, weil beides in der Synthesis auseinander liegt. Beides als eins zu denken ist bloße Aufgabe. Dieses Bestimmen und Bestimmtsein ist in der Hauptsynthesis eins, diese aber können wir nicht fassen.*

Die Philosophie hebt notwendig an mit einem Unbegreiflichen, mit der ursprünglichen Synthesis der Einbildungskraft, ebenso mit einem Unanschaubaren, mit der ursprünglichen Synthesis des Denkens, dieser Akt ist nicht zu denken noch anzuschauen. Es lässt sich auch also noch bloß als Aufgabe aufstellen, alles Übrige ist erreichbar, da es in der Erfahrung vollzogen wird.

*) [nicht fassen = nicht als Begriff aufstellen, JE]
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 217


Nota I. - Mit andern Worten, die ganze Wissenschaftslehre ist gar keine Lösung, sondern ein Problem.

14. 3. 15 

Nota II. - Problem heißt Aufgabe. Das bedeutet nicht mehr und nichts anderes, als dass die Arbeit der Vernunft, als dass das Bestimmen nie zu einem Abschluss kommt. Die Annahme eines vernünftigen Endzustands ist schon als Vorstellung eine Absurdität. Die Wissen-schaftslehre hat vor sich, was sie in ihrem Rücken hat: ein unendlich Unbestimmtes, das es unendlich zu bestimmen gilt. Es ist, als finge man wie Sisyphus immer ganz von vorne an: Ein ewic gegenwärtic nûn, heißt es bei Meister Eckhart.

Das wiederum heißt nicht mehr - aber das ist eine Menge -, als dass die Arbeit der Kritik niemals erledigt ist.
JE