Samstag, 29. Januar 2022

Transzendentaler Denkzwang.

                               zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Ich kann eine Kneifzange nur ihrer Bestimmung gemäß gebrauchen, indem ich sie - ihrer Bestimmung gemäß gebrauche. 

Ich kann sie allerdings anders als ihrer Bestimmung nach gebrauchen; ins Wasser werfen, Briefe damit beschweren, einen Nagel in die Wand klopfen. Doch dann wird sie nicht den Dienst tun, für den sie bestimmt war - einen Draht durchkneifen, einen Nagel aus der Wand ziehen, ein Stück Holz abbrechen.

Die Bestimmung - das Noumenale - ist mit ihrer sinnlichen Gestalt - dem Phänomenalen - bereits synthetisiert, ihr Zweck ist nicht mehr 'gemeint', sondern in sie hineinkonstruiert. Er wird sich in ihrer sinnlichen Gestalt geltend machen.

Nicht anders ist es mit unseren Denkgesetzen. Ich kann mir vorstellen, was und wie ich will. Aber die Begriffe und die Schlussregeln so benutzen, dass sie dem Zweck dienen, für den sie erschaffen wurden, kann ich nur, indem ich sie so benutze, dass sie ihrem Zweck dienen. Das scheint nur darum mysteriös, weil es tautologisch ist und keinen Grund hat als sich selbst
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29. 9. 18




Nota.  Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog.  JE

Was misslingen konnte, war kein Spiel.

Kind sitzt auf einem Stuhl 

aus spektrum.de, 29. 1. 2022                                                                

Begriffe mit Familienähnlichkeit                                                    zu Philosophierungen
Was haben »Call of Duty« und »Mein linker, linker Platz ist frei« gemeinsam? Nicht viel? Warum bezeichnet man dann beide als Spiele? Ein philosophischer Kniff hilft, das zu klären.

von Matthias Warkus

Spielen Sie gerne? Oder zumindest ab und zu? Vermutlich ist die Antwort auf diese Frage ja, wenn man sich zum Beispiel klarmacht, dass jeweils deutlich über 30 Millionen Deutsche wenigstens ab und an Gesellschafts- oder Computerspiele und über 20 Millionen zumindest gelegentlich Lotto spielen. Und mit den über 13 Millionen minderjährigen Kindern spielen vermutlich auch zig Millionen Erwachsene hin und wieder.

Eine Frage, die naheliegt, wenn man eine solche Aufzählung liest, ist natürlich: Was haben diese ganzen Spiele gemeinsam? Ist es sinnvoll, Call of Duty, die Glücksspirale, Monopoly, Käsekästchen und »Mein linker, linker Platz ist frei« in eine Schublade zu stecken? Philo-sophisch könnte man auch fragen: Lassen sich all diese Freizeitbeschäftigungen auf einen gemeinsamen, definierten Begriff »Spiel« bringen?

Die traditionelle, so genannte hierarchische oder taxonomische Art des Definierens von Begriffen geht mindestens bis auf Aristoteles zurück. Sie arbeitet mit der Angabe von nächsthöherer Gattung (»genus proximum«) und eigentümlichem Unterschied (spezifischer Differenz, »differentia specifica«). Die nächsthöhere Gattung gibt eine Grundgesamtheit an, die bereits bekannt ist. Der eigentümliche Unterschied ist eine Eigenschaft, die innerhalb der Grundgesamtheit all jene Gegenstände gemeinsam haben, die unter den Begriff fallen (und keine anderen).

So lässt sich »Rechteck« definieren als Viereck (nächsthöhere Gattung), bei dem alle Winkel rechte Winkel sind (eigentümlicher Unterschied). Es ist durchaus möglich, dieselbe Menge von Individuen unter verschiedene Definitionen zu bringen – ein Rechteck könnte man zum Beispiel auch als ein Parallelogramm mit gleich langen Diagonalen definieren.

Etwas, dass alle Spiele eint, gibt es nicht


Das Problem damit, eine solche Definition für den Begriff »Spiel« zu finden, ist, dass sich zwar möglicherweise eine nächsthöhere Gattung angeben lässt (etwa »Tätigkeit«), aber keine spezifische Differenz, denn es gibt nichts, was alle Spiele gemeinsam haben. Call of Duty, Monopoly, Käsekästchen und die Glücksspirale haben beispielsweise gemeinsam, dass man in gewisser Weise gewinnen und verlieren kann; bei »Mein linker, linker Platz ist frei« gibt es keine Gewinner oder Verlierer. Man könnte vermuten, dass so etwas wie Regeln die Gemeinsamkeit sind; aber viele Kinderspiele (etwa viele Rollenspiele oder allein mit einem Flummi zu spielen) haben keine Regeln. Nicht alle Spiele brauchen Spielmaterial, nicht alle brauchen mehrere Mitspieler, es gibt wirklich nichts, was ihnen allen gemeinsam ist.

Wenn man aber an Philosophie die gängige Forderung stellt, dass sie in der Lage sein soll, unser alltägliches Reden und Handeln sauber zu fassen, dann muss es doch auch möglich sein, zu sagen, wie der Begriff des Spiels zu Stande kommt. Ein berühmter Vorschlag dafür kommt von Ludwig Wittgenstein (in seinen »Philosophischen Untersuchungen«, die 1953 postum erschienen). Er argumentiert, dass bei Begriffen wie »Spiel« (oder auch »Sprache«) nicht alle darunter fallenden Individuen eine gemeinsame Eigenschaft haben, sondern dass jeweils nur Teilmengen gemeinsame Eigenschaften haben und untereinander durch Überschneidung in Verbindung stehen. Eine Metapher, die Wittgenstein dafür nennt, ist die eines Fadens, in dem keine Faser auf ganzer Länge durchläuft, der aber dennoch zusammenhält, da sich die Fasern untereinander überlappen.

Spektrum Kompakt:  Was ist real? – Am Übergang von Wissenschaft und PhilosophieSpektrum Kompakt: Was ist real? – Am Übergang von Wissenschaft und Philosophie

Ist man bereit, Begriffe auf Basis von Familienähnlichkeit zu akzeptieren, muss man damit leben, dass diese sich nicht griffig und völlig »trennscharf« definieren lassen, sondern stets nur näherungsweise. Man gewinnt damit aber die Möglichkeit, philosophisch über komplexe und bedeutsame Phänomene unserer Welt und unseres täglichen Lebens zu reden, die sich auf traditionelle Weise gar nicht fassen lassen. Neben Spiel und Sprache sind andere Phänomene, die sich vermutlich am besten über Familienähnlichkeiten umschreiben lassen, etwa Jazz oder Design: Es gibt keine Eigenschaft, die alle Jazzmusikstücke – und nur diese – gemeinsam haben, genauso wenig, wie dies bei allen Designobjekten der Fall ist. Aber es lassen sich verschiedene Aspekte, die von vielen Individuen im jeweiligen Begriffsfeld geteilt werden, angeben, die zusammen ein ziemlich genaues »Familienporträt« ergeben.


Nota. - Herr Warkus, das ist ärgerlich. Zum ersten: Was Sie eine Familienähnliuchkeit nen-nen, ist lediglich ein Begriff, der noch nicht (wieder) so genau bestimmt ist, wie es die Er-fordernisse des Verkehrs (inzwischen) erheischen. Der Stoff, aus dem Begriffe gemacht werden, sind Vorstellungen, die im Verkehr prozessierend wechselbestimmt werden - näm-lich von einem Moment zum andern; nämlich jeweils zwischen denen, die im Moment mit-einander verkehren. "Es gibt" den Begriff nicht, sondern er wird benutzt, mal so, mal so.

Zweitens ist das Spiel ein völlig ungeeignetes Beispiel. Es lässt sich allerdings definieren, sofern man nämlich will, was aber selten der Fall ist, weil Zweideutigkeit meistens beabsich-tigt war: Spiel ist eine zweckmäßige Tätigkeit, deren Zweck jedoch unbestimmt ist - nicht bloß 'an sich', sondern absichtsvoll: "experimentieren mit dem Zufall". Aber so hätte Witt-genstein das Spiel gar nicht definieren dürfen - oder hätte auf sein "Sprachspiel" verzichten müssen! Dessen Zweck ist natürlich nicht 'absichtlich offen', sondern ist Verständigung. Die schlichteste Form des Spiels ist Kopf oder Zahl: eins von beiden. Klappt oder klappt nicht, verständigt oder nicht, ist schon kein Spiel mehr, sondern Gelingen oder Scheitern. Das Spiel dagegen kann nicht scheitern.

Und zu allem Überfluss, Herr Warkus, muss ein Spiel keineswegs eine Freizeitbeschäftigung sein.

JE

Freitag, 28. Januar 2022

Der Gegenstand des Gefühls.

Go bash!                                aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Das Gefühl ist Affektion unserer selbst, es wird im Gefühle uns etwas angetan, es muss also etwas in uns sein, dem es angetan wird, und dies ist unser Handeln, aber es ist für uns nichts ohne Beschränktheit und Beschränktheit nicht ohne Handeln, daraus besteht nun das Fühl-bare. Durch das Handeln ist es für uns; dadurch, dass es beschränkt ist, ist es Gegenstand des Gefühls. Alles unser Bewusstsein geht aus von einer Wechselwirkung des Handelns und der Beschränktheit, beides ist beisammen, und dies ist das Objekt des Gefühls.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 155  


 
Nota I. – Die Wissenschaftslehre ist keine empirische Psychologie, sondern ein transzen-dentales Schema, das die Entstehung des Bewusstseins verständlich macht. Darum ist vom Gefühl in ihr stets nur die Rede, soweit es für die Entstehung des Bewusstseins eine Rolle spielt. – Das Tier handelt nicht im hier gemeinten Sinn. Fühlt es nicht? Soweit es für das Entstehen des Bewusstseins von Belang ist: nein, nämlich nicht als Beschränktheit. (Begriffe sind nicht dazu da, etwas nicht Vorhandenes neu zu konstruieren, sondern etwas in der Wirklichkeit Geschehendes – die Entstehung des Bewusstseins – zu beschreiben; also sind sie tautologisch.)
30. 10. 15

Nota II. - Die Wissenschaftslehre ist nicht das transzendentale Schema der Entstehung "der Bewusstseins", sondern das Schema der Entstehung des vernünftigen Bewusstseins; denn wäre es nicht vernünftig, wäre es für sie kein Bewusstsein. Der harte Kern der Vernünftig-keit ist der Glaube an die Wirklichkeit der Welt und an das Gesetz von Ursache und Wir-kung. Die Wissenschaftslehre will erklären, wie wir zu diesem Glauben kommen, da in unserm Wissen doch gar keine Dinge vorkommen, sondern lediglich Vorstellungen. 

Wir unterscheiden Vostellungen, denen Etwas außerhalb unseres Bewusstsein entspricht, von solchen, denen außerhalb des Bewusstseins nichts entspricht (Noumena und Schnaps-ideen). Der Unterschied ist, dass wir von den einen Erfahrungen haben, von den andern nicht. Erfahrungen beruhen auf Gefühlen. Wir glauben in den Gefühlen die Wirkungen der Gegenstände auf uns wahrzunehmen. Sie sind aber - für einen 'außenstehenden Beobachter' - Wechsel wirkungen mit unserm Handeln, das gewissermaßen 'angefangen' hat: Sie sind der Widerstand, den das Nicht-Ich meiner primären Tätigkeit entgegensetzt und mich beschränkt. Dies ist die erste Synthesis und der Anfang von allem Wirklichen.
JE, 10. 9. 18

Gleichsetzen, um zu unterscheiden.

                                                                    aus Philosophierungen

Wir lernen die Dinge unterscheiden, indem wir ihnen Namen geben; sie als Dieses und Das und Jenes identifizieren. Ohne dies müssten wir jeden Tag mit dem Unterscheiden neu an-fangen, und immer wieder mit dem Gröbsten. Zu den Feinheiten kommen wir nur, weil wir die Unterschiede im Groben schon behalten haben - in ihren Namen.

Die Dinge?

Ein Name bezeichnet immer nur ein Dieses-so-wie-es-ist; ein Singulum. Aber eben nicht bloß hier und jetzt, sondern auch morgen und sonstwo.

Der Begriff  ist kein Name für ein Ding, sondern für ein Merkmal - oder Merkmal von Merkmalen -, das das eine Ding mit sounsoviel anderen Dingen gemeinsam hat. Er unter-scheidet eine Gruppe von Dingen von allen anderen Gruppen und setzt sie - die Dinge - insofern gleich.

Die Intensio der Begriffe ist die Fülle der Merkmale, die er unter sich fasst.  Die Extensio ist die Menge der Dinge, auf die er passt.

Die Fülle der Merkmale müsste a priori festgestellt - "definiert" - werden können. Auf wel-che Menge von Dingen er zutrifft, muss sich durch seine Verwendung erst finden.

Findet sich, dass er auf zu Vieles "passt", dann erweist er sich als praktisch unbrauchbar. Er taugt nicht mehr genügend zur Unterscheidung, weil er nicht genügend-gleich setzt. Man muss ihm Merkmale hinzufügen - und, um Missverständnisse im Gebrauch zu vermeiden, am besten seinen Namen ändern. 

Wenn er auf zu Weniges zutrifft? Dann taugt er nicht mehr im Verkehr der Begriffe mitein-ander. Er bleibt unbeachtet am Rande liegen und gerät außer Gebrauch. Bis - vielleicht! - zu dem Tag, wo sich herausstellt, dass seine Unterscheidung gar nicht so überflüssig war.

aus e. Notizbuch, Mai 2009


Nachtrag I.


Erst was in einer bestimmten Hinsicht als gleich angeschaut wird, kann in einer anders be-stimmten Hinsicht unterschieden werden.

Nachtrag II.

Die Merkmale der Dinge sind ihre Qualitäten - und das, was sie bedeuten. Sie sind nicht, sondern gelten; 'gelten als seiend' - das bedeutet hier dasselbe. Was am Ding ist, ist lediglich seine Gegenständlichkeit - dass es zum Gegenstand zweckhaften Handelns werden kann. Welchem Handeln es welchen Widerstand entgegensetzt, gehört schon zu seinen Qualitä-ten. 14. 1. 19

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE 

Wie Atmung die Erinnerung steuert.

Die Atmung könnte dafür sorgen, dass wir Erinnerungen haben

Die Erlebnisse des Tages werden in der Nacht verarbeitet und abgelegt - damit wir uns später daran erinnern können. Ein Experiment zeigt, wie das Hirn diese Aufgabe bewältigt. 

Schon bisher war bekannt, dass das Gehirn nächtens den Tag verarbeitet, Erlebnisse abspeichert und somit für spätere Zeiten abrufbar hält. Um dies zu bewerkstelligen, müssen sich verschiedene Hirnregionen synchronisieren, nur so können Informationen übertragen und gemerkt werden.

Das Experiment eines Forschungsteams aus München wollte herausfinden, wie das Gehirn diese Synchronisation bewerkstelligt.

Von der Maus zum Menschen

Dazu wurde genau dieser Prozess der Synchronisation in Mäusegehirnen untersucht. Herausgekommen ist, dass dabei die Atmung - wortwörtlich - den Takt angibt und somit eine größere Rolle spielt, als bisher angenommen. Laut der Untersuchung koordinierte und synchronisierte die Atmung die neuronale Aktivität in allen untersuchten Hirnregionen, darunter der Hippocampus und der Kortex. Die Aktivitäten dieser Hirnregionen während des Schlafs seien maßgeblich dafür verantwortlich, dass Erinnerungen entstehen und abgespeichert werden.

Der Takt der Atmung

Die Atmung ist nicht nur eine essenzielle Funktion unseres Körpers, sondern auch extrem gleichmäßig und stark mit dem Nervensystem verbunden. Auch kognitive Funktionen wie Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Denken hängen mit der Atmung zusammen. Wie genau dieser Zusammenhang funktioniert, ist noch nicht besonders gut erforscht.

Der Atemrhythmus könnte sogar grundlegend für die Kommunikation verschiedener Systeme im Körper sein, meint das Foschungsteam.

(chrima)

elternwissen    

aus scinexx.de,

Gehirnaktivität im Schlaf                                                                                                  
Die Atmung gibt den Takt vor
Atmung koordiniert nächtliche Hirnprozesse, die zum Abspeichern von Informa-tionen wichtig sind 
 
Im Takt des Atmens: Der Rhythmus unserer Atmung bestimmt darüber, wie sich unsere Hirnregionen im Schlaf synchronisieren, wie Experimente an Mäusen nahelegen. Demnach schwingen bestimmte Hirnwellen im Takt der Atemzüge. Ihr Rhythmus beeinflusst offenbar die Erregbarkeit neuronaler Schaltkreise und sorgt auf diese Weise dafür, dass Neuronen verschiedener miteinander verknüpfter Hirnregionen synchron feuern. 
 
Während wir schlafen, synchronisiert sich die Aktivität in verschiedenen Regionen unseres Gehirns. Auf diese Weise können Informationen und Eindrücke, die wir während des Tages gesammelt haben, verarbeitet werden und ins Langzeitgedächtnis gelangen. Unwichtige Eindrücke und auch die nächtlichen Träume werden in dieser „Aufräum“-Phase gelöscht. Welche Mechanismen der nächtlichen Synchronisation des Gehirns zugrunde liegen, war allerdings bislang unklar.

Blick ins schlafende Gehirn

Ein Team um Nikolaos Karalis von der Ludwig-Maximilians-Universität München hat nun an Mäusen nachgewiesen, dass der Taktgeber dieser Synchronisation die Atmung ist. Dazu implantierten die Forscher den Mäusen Elektroden in verschiedene Regionen des Gehirns, die die jeweilige Aktivität der Nervenzellen maßen.

 

 

Zu den untersuchten Hirnregionen zählten der Hippocampus, der als Schnittstelle zwischen dem Kurzzeit- und dem Langzeitgedächtnis gilt, der Kortex, in dem stabile Nervenverbindungen das Langzeitgedächtnis bilden, sowie weitere Teile des limbischen Systems, die ebenfalls mit Erinnerungen in Verbindung gebracht werden. Eine weitere Elektrode im Riechkolben der Tiere zeichnete ihren Atemrhythmus auf.

Atmung als Taktgeber

Erwartungsgemäß zeigte sich, dass sich die untersuchten Hirnregionen synchronisierten, während die Mäuse schliefen. Bereits aus früheren Studien war bekannt, dass das Gehirn sich während des Schlafes in einem „Offline-Modus“ befindet, in dem es unabhängig von externen Reizen noch einmal Aktivitätsmuster durchspielt, die zuvor erlebte Eindrücke widerspiegeln und diese durch die Wiederholung festigen.

Viele Wissenschaftler gingen bislang davon aus, dass diese Prozesse durch interne neuronale Ereignisse gesteuert werden. Doch die Maus-Experimente zeigen: Der Taktgeber dieser Synchronisierung ist die Atmung. „Wir haben beobachtet, dass die Nervenzellen je nach Phase des Atemzyklus moduliert werden“, berichten die Autoren. „Die meisten modulierten Nervenzellen feuerten bevorzugt während des Einatmens.“


Der Rhythmus der Atmung und der von verschiedenen Hirnwellen ist synchron. 

Unabhängig vom Geruchssinn

Ein möglicher Weg, wie die Atmung die Gehirnaktivität beeinflussen kann, wäre über den Geruchssinn. Um herauszufinden, inwieweit dies im vorliegenden Fall tatsächlich eine Rolle spielt, schalteten die Forscher den Geruchssinn bei einigen Mäusen mit Hilfe von Medikamenten aus. Dennoch konnten sie auch bei diesen Tieren weiterhin beobachten, dass der Atemrhythmus die Hirnwellen beeinflusste.

„Damit konnten wir die Existenz eines neuen nicht-olfaktorischen, intrazerebralen Mechanismus nachweisen, der für die Modulierung verteilter Schaltkreise durch die Atmung verantwortlich ist“, sagt Karalis. Sein Kollege Anton Sirota erklärt: „Unsere Ergebnisse belegen, dass es eine vormals unbekannte Verbindung zwischen den respiratorischen und limbischen Schaltkreisen gibt. Das bedeutet eine Abkehr von der üblichen Annahme, dass die Atmung die Hirnaktivität über olfaktorische Inputs moduliert.“

Immerwährender Rhythmus

Die Autoren sehen in ihren Ergebnissen den Beweis dafür, dass der Atemrhythmus als globaler Schrittmacher des Gehirns fungiert, der die Verarbeitung von Informationen im Offline-Modus steuert. Auch im Wachzustand scheint die Atmung ihren Beobachtungen zufolge einen Einfluss auf die Hirnwellen zu haben.

„Wir vermuten, dass dieser immerwährende Rhythmus nicht nur die Dynamik der Gedächtniskonsolidierung während Offline-Zuständen koordiniert, sondern wahrscheinlich auch die Integration verschiedener Sinneswahrnehmungen über mehrere mentale Zustände hinweg ermöglicht“, so die Forscher. (Nature Communications, 2022, doi: 10.1038/s41467-022-28090-5)

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München

- Elena Bernard

 

Nota. - Ein Beitrag zum Thema Rhythmus - Synchronisation - Synthetis - Integration.

JE

Donnerstag, 27. Januar 2022

Der Vernunftdogmatiker.

Katharina Wieland Müller        aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

...der Geist ist einer, und was durch das Wesen der Vernunft gesetzt ist, ist in allen vernünf-tigen Individuen dasselbe.
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J. G. Fichte, Über Geist und Buchstab in der Philosophie
[1794], SW VIII , S. 292


Nota. - Die dogmatische Wendung in der Bestimmung des Menschen ist Fichte nicht von Jacobi eingeflüstert worden. Sie war vorbereitet in seiner von Anbeginn schwankenden Haltung zur Idee der Vernunft: Ist sie etwas erst noch zu Entwerfendes, oder ist sie ein fertiges Programm, das es allenfalls noch 'durchzuführen'  gilt? Jacobis Eingreifen hat ihn lediglich genötigt, seinem Schwanken ein Ende zu setzen. 

3. 5. 14


Nota II. - Zuvor hatte es geheißen, Geist sei lediglich schaffende Einbildungskraft, eine "ursprüngliche prädikative Qualität". Dann hieß es auch, die intelligible Welt - das ist alles, was im Geist vorkommt, und dazu gehört das Ich - sei Noumenon. Und dann noch: das Intelligible entstehe überhaupt erst aus dem Versuch des Begreifens. Nehme ich den Geist als Noumenon, darf ich wohl noch sagen, er sei einer. Doch dann darf ich noch nicht von dem reden, was in ihm gesetzt sei, denn das stünde noch aus, und ipso facto hörte der Geist auf, einer zu sein, und würde zu einer Mannigfaltigkeit von Intelligenzen. 

Zu Grunde liegt ihnen eine unbestimmte ursprüngliche prädikative Qualität, aus der heraus ein Ich sich (durch Entgegensetzen) bildet - im Versuch des Begreifens. Woher da Einheit kommen könnte, bleibt im Dunkel.

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Ich räume ein: Die Rede vom Wesen der Vernunft ist irreführend - nämlich als ob es ein solches geben könnte vor und unabhängig von der Tätigkeit der Vernunft; ihr Wesen sei eins, doch sobald sie tätig wird, unterschieden sich ihre Werke als mannigfaltige. 


Kurz zuvor (aaO, S. 288) hatte Fichte gesagt, wir müssten mit der Erfahrung unser Leben anfangen - bevor wir durch den ästhetischen Sinn zur Betrachtung um ihrer selbst willen verführt werden -, und als Bedingungen aller Erfahrung zählt Kant seine zwölf Kategorien und zwei Anschauungsformen auf. Es handelt sich da um die empirischen Grundlagen der Vernünftigkeit, und die sind für alle endlichen Intelligenzen dieselben. Doch dass sie "durch das Wesen der Vernunft gesetzt" seien, wäre eine sehr schiefe Formulierung. Doch hier steht er noch am Anfang seiner Lehrtätigkeit.
JE, 12. 9. 18

 

 

Der Sinn des Seins.

                                                                                        aus Philosophierungen

Die Griechen fragten nach dem wahren Wesen des Seins - in der stillen Erwartung, dass damit die Frage nach dem richtigen Leben schon mitbeantwortet würde. Das Christentum erklärte die Welt als Heilsgeschehen - und da war beides eins.

Jede Lehre, die den Sinn mit dem Sein identifiziert, ist metaphysisch.


aus e. Notizbuch, im März 08





Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE