Freitag, 28. Januar 2022

Wie Atmung die Erinnerung steuert.

Die Atmung könnte dafür sorgen, dass wir Erinnerungen haben

Die Erlebnisse des Tages werden in der Nacht verarbeitet und abgelegt - damit wir uns später daran erinnern können. Ein Experiment zeigt, wie das Hirn diese Aufgabe bewältigt. 

Schon bisher war bekannt, dass das Gehirn nächtens den Tag verarbeitet, Erlebnisse abspeichert und somit für spätere Zeiten abrufbar hält. Um dies zu bewerkstelligen, müssen sich verschiedene Hirnregionen synchronisieren, nur so können Informationen übertragen und gemerkt werden.

Das Experiment eines Forschungsteams aus München wollte herausfinden, wie das Gehirn diese Synchronisation bewerkstelligt.

Von der Maus zum Menschen

Dazu wurde genau dieser Prozess der Synchronisation in Mäusegehirnen untersucht. Herausgekommen ist, dass dabei die Atmung - wortwörtlich - den Takt angibt und somit eine größere Rolle spielt, als bisher angenommen. Laut der Untersuchung koordinierte und synchronisierte die Atmung die neuronale Aktivität in allen untersuchten Hirnregionen, darunter der Hippocampus und der Kortex. Die Aktivitäten dieser Hirnregionen während des Schlafs seien maßgeblich dafür verantwortlich, dass Erinnerungen entstehen und abgespeichert werden.

Der Takt der Atmung

Die Atmung ist nicht nur eine essenzielle Funktion unseres Körpers, sondern auch extrem gleichmäßig und stark mit dem Nervensystem verbunden. Auch kognitive Funktionen wie Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Denken hängen mit der Atmung zusammen. Wie genau dieser Zusammenhang funktioniert, ist noch nicht besonders gut erforscht.

Der Atemrhythmus könnte sogar grundlegend für die Kommunikation verschiedener Systeme im Körper sein, meint das Foschungsteam.

(chrima)

elternwissen    

aus scinexx.de,

Gehirnaktivität im Schlaf                                                                                                  
Die Atmung gibt den Takt vor
Atmung koordiniert nächtliche Hirnprozesse, die zum Abspeichern von Informa-tionen wichtig sind 
 
Im Takt des Atmens: Der Rhythmus unserer Atmung bestimmt darüber, wie sich unsere Hirnregionen im Schlaf synchronisieren, wie Experimente an Mäusen nahelegen. Demnach schwingen bestimmte Hirnwellen im Takt der Atemzüge. Ihr Rhythmus beeinflusst offenbar die Erregbarkeit neuronaler Schaltkreise und sorgt auf diese Weise dafür, dass Neuronen verschiedener miteinander verknüpfter Hirnregionen synchron feuern. 
 
Während wir schlafen, synchronisiert sich die Aktivität in verschiedenen Regionen unseres Gehirns. Auf diese Weise können Informationen und Eindrücke, die wir während des Tages gesammelt haben, verarbeitet werden und ins Langzeitgedächtnis gelangen. Unwichtige Eindrücke und auch die nächtlichen Träume werden in dieser „Aufräum“-Phase gelöscht. Welche Mechanismen der nächtlichen Synchronisation des Gehirns zugrunde liegen, war allerdings bislang unklar.

Blick ins schlafende Gehirn

Ein Team um Nikolaos Karalis von der Ludwig-Maximilians-Universität München hat nun an Mäusen nachgewiesen, dass der Taktgeber dieser Synchronisation die Atmung ist. Dazu implantierten die Forscher den Mäusen Elektroden in verschiedene Regionen des Gehirns, die die jeweilige Aktivität der Nervenzellen maßen.

 

 

Zu den untersuchten Hirnregionen zählten der Hippocampus, der als Schnittstelle zwischen dem Kurzzeit- und dem Langzeitgedächtnis gilt, der Kortex, in dem stabile Nervenverbindungen das Langzeitgedächtnis bilden, sowie weitere Teile des limbischen Systems, die ebenfalls mit Erinnerungen in Verbindung gebracht werden. Eine weitere Elektrode im Riechkolben der Tiere zeichnete ihren Atemrhythmus auf.

Atmung als Taktgeber

Erwartungsgemäß zeigte sich, dass sich die untersuchten Hirnregionen synchronisierten, während die Mäuse schliefen. Bereits aus früheren Studien war bekannt, dass das Gehirn sich während des Schlafes in einem „Offline-Modus“ befindet, in dem es unabhängig von externen Reizen noch einmal Aktivitätsmuster durchspielt, die zuvor erlebte Eindrücke widerspiegeln und diese durch die Wiederholung festigen.

Viele Wissenschaftler gingen bislang davon aus, dass diese Prozesse durch interne neuronale Ereignisse gesteuert werden. Doch die Maus-Experimente zeigen: Der Taktgeber dieser Synchronisierung ist die Atmung. „Wir haben beobachtet, dass die Nervenzellen je nach Phase des Atemzyklus moduliert werden“, berichten die Autoren. „Die meisten modulierten Nervenzellen feuerten bevorzugt während des Einatmens.“


Der Rhythmus der Atmung und der von verschiedenen Hirnwellen ist synchron. 

Unabhängig vom Geruchssinn

Ein möglicher Weg, wie die Atmung die Gehirnaktivität beeinflussen kann, wäre über den Geruchssinn. Um herauszufinden, inwieweit dies im vorliegenden Fall tatsächlich eine Rolle spielt, schalteten die Forscher den Geruchssinn bei einigen Mäusen mit Hilfe von Medikamenten aus. Dennoch konnten sie auch bei diesen Tieren weiterhin beobachten, dass der Atemrhythmus die Hirnwellen beeinflusste.

„Damit konnten wir die Existenz eines neuen nicht-olfaktorischen, intrazerebralen Mechanismus nachweisen, der für die Modulierung verteilter Schaltkreise durch die Atmung verantwortlich ist“, sagt Karalis. Sein Kollege Anton Sirota erklärt: „Unsere Ergebnisse belegen, dass es eine vormals unbekannte Verbindung zwischen den respiratorischen und limbischen Schaltkreisen gibt. Das bedeutet eine Abkehr von der üblichen Annahme, dass die Atmung die Hirnaktivität über olfaktorische Inputs moduliert.“

Immerwährender Rhythmus

Die Autoren sehen in ihren Ergebnissen den Beweis dafür, dass der Atemrhythmus als globaler Schrittmacher des Gehirns fungiert, der die Verarbeitung von Informationen im Offline-Modus steuert. Auch im Wachzustand scheint die Atmung ihren Beobachtungen zufolge einen Einfluss auf die Hirnwellen zu haben.

„Wir vermuten, dass dieser immerwährende Rhythmus nicht nur die Dynamik der Gedächtniskonsolidierung während Offline-Zuständen koordiniert, sondern wahrscheinlich auch die Integration verschiedener Sinneswahrnehmungen über mehrere mentale Zustände hinweg ermöglicht“, so die Forscher. (Nature Communications, 2022, doi: 10.1038/s41467-022-28090-5)

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München

- Elena Bernard

 

Nota. - Ein Beitrag zum Thema Rhythmus - Synchronisation - Synthetis - Integration.

JE

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