Freitag, 28. Februar 2020

Abstraktes Modell und Geschehen in der Zeit.

                                                                                   zu Marxiana 
            
Wir haben gesehn, daß der Productionsproceß im Ganzen betrachtet Einheit von Productions- und Circulati- onsprozeß ist. Bei der Betrachtung des Circulationsprozesses als Reproductionsprozeß (ch. IV Buch II) wurde dieß näher erörtert. Worum es sich in diesem Buch handelt, kann nicht sein allgemeine Reflexionen über diese „Einheit“ anzustellen. Es gilt vielmehr die konkreten Formen aufzufinden und darzustellen, welche aus dem Proceß des Capitals – als Ganzes betrachtet – hervorwachsen. ❲In der wirklichen Bewegung der Capitalien tre- ten sie sich in solchen konkreten Formen gegenüber, für die die Gestalt des Capitals im unmittelbaren Produc- tionsprozeß, wie seine Gestalt im Circulationsprozeß nur als besondre Momente erscheinen. Die Gestaltungen des Capitals, wie wir sie in diesem Buch entwickeln, nähern sich also schrittweis der Form, worin sie auf der Oberfläche der Gesellschaft, im gewöhnlichen Bewußtsein der Productionsagenten selbst, und endlich in der Action der verschiednen Capitalien auf einander, der Concurrenz auftreten.❳
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K. Marx, Ökonomisches Manuskript 1863-65,  MEGA II/4.2.; S. 7 


Nota. - So beginnt der II. Band des ersten Versuchs von Marx, das in den Grundrissen gesammelten sachlichen und logischen Stoffs in eine intelligible Form zu bringen. Doch schon in diesem geplanten zweiten Band läuft er ihm aus dem Ruder: Denn was folgt, sind viele Seiten voller mathematischer Formeln ohne irgendeine be- griffliche Entwicklung. Insofern muss obige Einleitung erstmal für sich stehen. 


Das kann sie aber auch. Man muss sie nur wörtlich nehmen: Im I. Band wurde keineswegs die Bewegungen des Kapitals beschrieben, so wie sie in Raum und Zeit vorkommen, sondern wurde ein abstraktes Modell entworfen, das anzeigt, worauf die wirklichen Bewegungen der Marktakteure hinauslaufen, wenn man sie in ihrem Gesamtzusam- menhang betrachtet. Diesen Zusammenhang hat der Autor für unser besseres Verständnis vorab in Begriffen dargestellt, damit wir verstehen, worin der Sinn des ganzen kapitalistischen Systems besteht. 

Was wirklich geschieht, soll dagegen erst ab diesem II. Band beschrieben werden. Denn tatsächlich wäre anders- herum gar nicht zu verfahren. Faktisch ist das Geschehen auf dem Markt ein unübesichtliches Durcheinander, wo eine Aktion die andere durchkreuzt. Was man in disem Satz gesagt hat, muss man im nächsten schon wieder zurücknehmen. In der bloß empirischen Beschreibung wäre der Prozess dere kapitalistischen Produktion ein bloßes Chaos ohne Anfang und Ende. Wie gut er es auch selber verstanden haben möchte - rein empirisch kann der Wissenschaftler, der erklärtermaßen kritische zumal, die kapitalistische Wirtschaftsweise in ihrem zeitlichen Verlauf gar nicht beschreiben.

Das ist der theoretisch springende Punkt: Das Modell war jenseits von Raum und Zeit, im bloßen Begriff sozu- sagen, und ob es zur Darstellung des wirklichen Geschehens taugt, muss sich erweisen, indem man die Zeit in das statische Modell einführt.

Und damit beschäftigen sich Marxens endlose mathematischen Formeln auf den folgenden Seiten.
JE





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