
Am 4. 12. 2014 berichteten das Wissenschaftsmagazin scinexx und die Wiener Presse über den Fund des "ältesten Kunstwerks" des Menschen in Java - eine Muschel mit einem eingeritzten Rautenmuster, siehe oben.
Das habe ich kommentiert:
Gerade weil es so rudimentär ist, darf man es gewisser Kunst nennen als die Höhlenmalerei von Lascaux. Jene diente kultischen Zwecken, der Beschwörung des Jagdglück vermutlich; dies Muster jedoch diente keinem ersichtlichen Zweck, es ist nur der Schönheit halber da: ästhetische Kunst, wie sie im Westen erst im 19. Jahrhundert wieder aufkam. Dass es erst noch vereinzelt auftrat, macht die Sache nur plausibler.
- Es beleuchtet im übrigen meine Lieblingsthese, wonach 'der Geist' des Menschen - entstanden als ein Ersatz für die verlorenen Selbstverständlichkeiten seiner verlassenen Urwaldnische - selber ein 'ästheti-sches', poietisches Vermögen ist, das erst im Verlauf der Geschichte, namentlich unserer Geschichte seit der Sesshaftwerdung und der Erfindung des Ackerbaus, in einen ökonomischen und einen in specie ästheti-schen 'Anteil' aufgespalten wurde; indem die ökonomische Seite ein Jahrzehntausend lang die andere Seite überwuchert und verdeckt hat. - Also aufgetreten wären sie, den javanesischen Funden zufolge, gemein-sam. Dass sich das Vermögen zu nützlicher Arbeit abgespalten und verselbständigt hat, ist nun kein Wun-der: Technische Neuerungen lassen sich, anders als ästhetische akkumulieren, es kommt die Vorstellung von einem Fortschritt auf und die dazugehörige Idee der Vollkommenheit; welch letztere dem Fortschritt eine ästhetische Aura mitteilt.
Für eine Spekulation aufgrund eines einzigen archäologischen Dokuments läuft das ein bisschen zu rund, das gebe ich zu. Aber der Fund passt immerhin in mein Schema, in ein anderes passte er weniger gut - soviel werde ich doch wohl sagen dürfen.
JE, 4. 12. 14
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