zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
Der Begriff des intellektuellen Gefühls wirkt in der Wissenschaftslehre wie nachträglich eingefügt und nicht aus den vorangegangenen Prämissen - als notwendig eingesehenen Vorstellungen - entwickelt.
In der sinnlichen Erfahrung sind es die Widerstände der Dinge, die die reale vorstellende Tätigkeit nötigen, einen Weg zu beschreiten und einen anderen nicht zulassen. Wenn die ideale, lediglich intellektuelle Tätigkeit an Punkte gelangt, an denen dieser Weg angezeigt, ein anderer aber verbaut ist, ist ein Analogon zu den realen Widerständen der Dinge zu ver-muten. Auf dem beobachteten Weg der Vorstellungen ist er jedoch nicht 'in Erscheinung getreten'. Er kann daher nicht wie die realen Widerstände in Raum und Zeit liegen.
Soll aber das ideale Quantum der Einbildungskraft schlechterdings frei sein, kann der Grund für das Nichtkönnen der Vorstellung nur in ihr selber liegen. Die negative Notwen-digkeit ist dann eine ebenso bedingte, wie die positiven Notwendigkeiten der sinnlichen Er-fahrung. Es kann nur so sein, dass in der Kette der vorangegangenen Vorstellungen eine Bestimmung mit-gesetzt war, die von den darauf folgenden Vorstellungen nicht gelöscht werden kann. Wenn zum Beispiel in der wirklichen Vorstellung Raum und Zeit gesetzt waren, kann sie sie nicht nach Belieben nachträglich ungeschehen machen.
Doch Raum und Zeit sind Charakter der sinnlichen Welt. Hier geht es aber um nicht mög-liche Bestimmungen in der intelligiblen Welt. Die liegt außerhalb von Raum und Zeit. Dass es keinen Punkt gibt, wo die negative Notwendigkeit - das Nichtdürfen - in Erscheinung tritt, liegt an der intelligiblen Welt selber.
Mit andern Worten: Aufgezeigt werden, nämlich so, dass er wie der Widerstand der Dinge im Gang der Vorstellung vorkommt, kann er nicht. Man kann einem, der widerspricht, nur zurufen: "Versuch's doch selbst, du wirst sehen: Es geht nicht." Doch wenn er zurückfragt "wieso nicht?" kann man ihm nichts antworten.
Genauer gesagt, bevor das System abgeschlossen ist, kann man nichts antworten. Danach kann man - muss man - antworten: Weil anders das System nicht stimmt. Es muss also das System nicht nur abgeschlossen, sondern als gültig anerkannt sein; wozu man keinen zwin-gen kann.
Wie sagte doch einer? Was für eine Philosophie man wählt, hängt davon ab, was man für ein Mensch ist.
Man erinnere sich: Auch in der sinnlichen Erfahrung kommt der Widerstand der Dinge als solcher nicht vor: Auf ihn wird in der Anschauung lediglich aus dem Gefühl geschlossen. Dieser Schluss gilt freilich als natürlich: weil ihn Jeder macht, andernfalls könnte er sich in der Reihe vernünftiger Wesen nicht behaupten. Jenen andern Schluss macht nicht jeder, sondern nur, wer sich zu philosophieren entschlossen hat.
Nota. Das
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