Montag, 27. April 2020

Die Geburt der Art Déco.

Palais Stoclet                                                                                                                                                                 zu Geschmackssachen

Gestern war ich so kühn, die Entstehung des Klassizismus auf genau zwei Werke zu datieren. Heute füge ich die Terminierung der Geburt der Art Déco hinzu, was kunsthistorisch weniger ins Gewicht fällt, aber nicht minder gewagt ist, weil sie als Stil - gar als ein Kunst-Stil - lange gar nicht erkannt und anerkannt wurde und ihren Namen erst in den fünfziger Jahren bekommen hat, als sie eigentlich schon zu Ende war und nur noch - aber dort mächtig - in amerikanischen Autokarosserien fortlebte.

Dass sie aus dem Jugendstil hervorgegangen ist, war unübersehbar, und dass ihr Geburtsstätte die arts&crafts-Schmiede der Wiener Werkstätten war, ist auch unumstritten. Aber die Stelle und der Moment, an dem das statt-gefunden hat, lässt sich nachträglich ganz genau feststellen. Es handelt sich um das Palais, das der Wiener-Werkstätten-Architekt Josef Hoffmann von 1905 bis 1911 in Woluwe-St. Pierre bei Brüssel für den Unter-nehmer Adolphe Stoclet erbaut wurde.





 Josef Hoffmanns Entwurf für den Musik- und Theatersaal

 Hoffmanns Plan von 1906 

Während der Klassizismus wie mit einem Paukenschlag durch zwei gewaltige Bauwerke in die Welt gesetzt wurde, hatte sich Art Déco allerdings langsam auf dem seriöseren Flügel des Jugendstils herausgebildet.



Schrittmacher war Charles Rennie MacIntoshs Glasgow School Of Arts aus den Jahren 1897-1909, die 2018 schon zum zweiten Mal ausgebrannt ist. Nachdem es dem Belgier Henry van der Velde fast gelungen war, aus dem schrillen Jugendstil einen ernsthaften Kunstgeschmack zu machen, brachten ihre kommerziellen Kitschexzesse die daraus hervorgangenen Richtung um allen künstlerischen Kredit, und der Name Art Déco war zunächst ein Schmähwort ihrer Gegner. Sie musste im Zweiten Weltkrieg untergehen, um unter leichtem Grinsen eine späte Würdigung zu erfahren und ohne Spott bei ihrem Namen genannt zu werden.


Karstadt am Berlin-Neuköllner Hermaannplatz, im Krieg zerbombt


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