Freitag, 27. November 2020

Freiheit liegt außerhalb des Bewusstseins.

                                                      zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Einer Freiheit außer mir kann ich mir überhaupt gar nicht unmittelbar bewusst sein. Nicht einmal einer Freiheit / in mir oder meiner eigenen Freiheit kann ich mir bewusst werden, denn die Freiheit an sich ist der letzte Erklärungsgrund alles Bewusstseins und kann daher gar nicht in das Gebiet des Bewusstseins gehören. 

Aber - ich kann mir bewusst werden, dass ich mir bei einer gewissen Bestimmung meines empirischen Ich durch meinen Willen einer andern Ursache nicht bewusst bin, als dieses Willens selbst, und dieses Nichtbewusstsein der Ursache könnte man wohl auch ein Be-wusstsein der Freiheit nennen, wenn man sich nur vorher gehörig erklärt hat, und wir wollen es hier so nennen. In diesem Sinne kann man sich selbst einer eigenen Handlung durch Freiheit bewusst werden.
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 J. G. Fichte, in Von den Pflichten der Gelehrten, Hamburg 1971 [Meiner], S. 14f.


Nota I. - So sagt schon Spinoza: Die Illusion der Willensfreiheit beruhe nur darauf, dass man die wahren Bestimmungsgründe seines eignen Willens nicht kenne. - Also das Nicht-wissen von einem äußeren Bestimmungsgrund meines Willens besagt philosophisch gar nichts über denselben. Zugleich ist es aber eine der mächtigsten Tatsachen des Bewusst-seins, von der ich kaum abstrahieren kann.
29. 8. 17

Nota II. -  Da ich von einem äußeren Bestimmungsgrund meines Willens kein Bewusstsein habe, liegt es nahe anzunehmen, dass es keinen gibt, denn dazu bedarf ich keiner Zusatzan-nahme. Wollte ich annehmen, dass es einen gibt, obwohl ich davon kein Bewusstsein habe, müsste ich eine zusätzliche Annahme einfügen, die erklärt, warum ich es nicht weiß - nicht wissen konnte. Für die aber müsste ich einen besseren Grund angeben können als nur den, dass es meiner Weltanschauung so gefällt. 
 
Nota. III -  Ein positives Bewusstsein meiner Freiheit kann ich nicht haben, weil kein posi-tives Gefühl vorliegt, das ich anschauen könnte; sondern eben nur dessen Fehlen. Eine un-mittelbare Anschauung ist nicht möglich; lediglich eine mittelbare, eine durch das Denkex-periment des kritischen Philosophen vermittelte: das, was Fichte die intellektuelle Anschau-ung nennt.
JE 
 
 
 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

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