Lucca, Chiesa San Ferdiana zu
Der Ausdruck war ursprünglich abwertend gemeint. Giorgio Vasari bezeichnete so die Kunst, von der sich die von ihm rinascimento getaufte Epoche abgewandt hatte, um die antiken Prinzipien von 'Schönheit und Natürlichkeit' zu neuer Geltung zu bringen. Gemeint war im Besonderen aber die - ebenso von Vasari so genannte - maniera greca, der stilisti-schen Einfluss der byzantinischen Kunst, der in Italien seit dem Untergang des Weströmi-schen Reiches vorherrschte. Gotisch deshalb, weil er zuerst in Ravenna, dem Sitz des Ost-gotenkönigs Theoderich seinen Niederschlag fand, der im Auftrag des Oströmischen Kaisers Italien erobert hatte.
Kaiser Justinian, San Vitale, Ravenna
Diese maniera blieb in Italien die vorherrschende bis ins Morgengrauen der Renaissance.
Einer seiner letzten großen Meister waren Berlinghiero Berlinghieri und seine Söhne in Lucca. Die machten aber schon Absatzbewegungen.
Bonaventura Berlinghieri, Madonna, Kind und Heilige
Bonaventura B. starb 1274. Da war Cimábue schon Mitte dreißig. Er sei es gewesen, der ganz mit der griechischen Manier gebrochen habe, heißt es, und er habe sich dabei an der Malerei nördlich der Alpen orientiert, die wir heute 'gotisch' nennen. Sein Schüler war Giotto, der von Vasari als Begründet der Renaissance gefeiert wird: Bei ihm gewinnt der Raum erstmals wieder Tiefe.
Im 19. Jahrhundert kam dann das Wort 'gotisch über' Deutschland in den Westen und Norden Europas. Ein nicht unerheblichen Anteil daran hatte Goethe, der den Straßburger Dom irrtümlich als den Inbegriff "deutscher Kunst" feierte. Was wir heute unter Gotik verstehen, hatte seinen Ursprung im Norden Frankreichs.
Ach, dass ichs nicht vergesse: Der Ausdruck romanisch ist noch später aufgekommen; als nämlich auffiel, dass man die Gotik doch wohl von der deutlich verschiedenen Stilepoche trennen müsse, die ihr vorausgegangen war. Beide Ausdrücke haben eine spezifizierbare Bedeutung allerdings nur für die Architektur.
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