zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
2) Um den Begriff des
Wollens noch klarer zu machen, wollen wir ihn mit dem Begriffe des
Wunsches vergleichen und den Unterschied aufzeugen. Zuförderst: Durch
den Willen soll etwas realisiert werden können, durch den Wunsch
aber nicht. Nun kann das Gewünschte und das Wünschen von zweierlei Art
sein: Entweder man sieht ein, dass das Gewünschte nicht von uns abhänge,
wenn man es auch wollte, oder dass es von uns abhänge, man wollle
sich aber nicht die Mühe geben, es zu realisieren. Diese letzte
Art von Wünschen ist die Stimmung vieler Menschen, die nie im Ernste
wollen, sondern es beim Wünschen bewen-den lassen. Dieses ohnmächtige
Wünschen wird oft mit dem Wollen verwechselt, und daher verkennt man die
hohe Macht des Wollens erst ganz.
Mit dieser Art des
Wünschens haben wir es allein hier zu tun. Es ist etwas Bestimmtes, von
allen Entgegengesetzten Verschiedenes. Mein Wollen schwebt nicht mehr,
wie beim Delibe-rieren, über Entgegengesetzten; der Wunsch hält sein
Objekt fest, es fehlt ihm bloß die Form des Wollens. Die Materie ist da,
man will sich aber nur nicht dazu entschließen.
/ Auch
wird beim Wunsch das Objekt gefordert, nur wird es nicht unbedingt
gefordert. Der Wunsch geht nicht bloß auf das Objekt des Wollens, das
realisiert werden soll, sondern auch auf ein andres, das wegfallen soll.
Beim Wollen abstrahiere
ich schlechthin von allem außer dem Gewollten, alles andere gebe ich
auf; beim Wünschen ist noch immer etwas, das mich zurückhält, Furcht von
Anstren-gung, Folgen etc. Das Wollen ist Konzentration des ganzen
Menschen mit seinem ganzen Vermögen auf einen Punkt. Das richtige Bild
davon ist der Akt der angestrengten Aufmerk-samkeit.
(Es gibt viele, die mit
offenen Augen träumen, mit ihren Gedanken regellos herumschwei-fen, von
einem aufs andere kommen. Soll etwas Gutes und Rechtes werden, so muss
man bestimmt eins nach dem andren denken und alles miteinander
verknüpfen.)
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