aus Die Presse, Wien, 24.06.2020
Atomkern besteht aus mehr Teilchenals bisher gedacht
Forscher der Uni Graz sind auf ein zusätzliches Higgs-Boson gestoßen.
von
Seinen Nimbus als unteilbares, kleinstes Teilchen hat das Atom
bereits vor über einem Jahrhundert durch das Bohrsche Atommodell
eingebüßt. Noch heute wird es in Schulen gelehrt: Um einen Atomkern aus
positiv geladenen Protonen und neutralen Neutronen wandern die nahezu
masselosen, dafür umso negativer geladenen Elektronen. Im Laufe des 20.
Jahrhundert spaltete die sich rasant entwickelnde moderne Teilchenphysik
die Welt dann in immer kleinere Häppchen auf – bis hin zu dem Zoo aus
Quarks, Leptonen und Bosonen, mit dem uns das Standardmodell heutzutage
das bekannte Universum erklärt.
Ein
Proton besteht demnach aus drei Quarks, einem „Up-“ und zwei
„Down-Quarks“ – so dachte man zumindest bisher. Denn Forscher der Uni
Graz haben im Fachjournal Physical Review D (101, 114018) nun eine neue
Rechnung vorgelegt: Zu den drei Quarks gesellt sich demnach auch ein
Higgs-Boson. Dies sei aus Rekonstruktionen mit Daten des
Teilchenbeschleunigers LHC (Large Hydron Collider) am europäischen
Kernforschungszentrum Cern hervorgegangen, schreiben die Physiker. „Das
ist verträglich mit dem, was wir bis jetzt wissen. Es ergänzt und
erweitert unser Bild vom Proton“, so der Grazer Physiker Axel Maas, der
an der Studie beteiligt war.
Für
genauere Untersuchungen und eine endgültige Bestätigung ihrer
Berechnungen benötigen die Wissenschaftler allerdings mehr Energie in
dem 27 Kilometer langen LHC. Die dafür nötige Erweiterung des
Beschleunigers, bei der leistungsstärkere Magnete und neue Tunnelstücke
angebaut werden, wird aber noch bis 2025 dauern.
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