Sonntag, 29. März 2020

Systemik und Emergenz.

 
aus derStandard.at, 29. Jänner 2014                                                                                                              zu Jochen Ebmeiers Realien

Forscher fanden ähnliche Hirnstruktur bei Menschen und Makaken
Einzelne Bereiche sind allerdings anders miteinander verschaltet und zumindest ein Bereich ist beim Menschen neu dazugekommen

Was sind die neuronalen Grundlagen, die den Menschen zum Homo sapiens, also zum wissenden unter den Menschenaffen machen? Forscher nahmen nun eine Gehirnregion des Menschen unter die Lupe, die unter anderem mit Sprache und komplexen Gedankenprozessen in Verbindung steht, und verglichen sie mit der entsprechenden Region bei Makaken. Die im Fachblatt "Neuron" publizierte Überraschung: In grundlegen- den Strukturen sind die beiden Gehirnregionen sehr ähnlich. Einzelne Bereiche interagierten allerdings anders, und immerhin ein Bereich sei beim Menschen neu hinzugekommen.

Die Forscher um Franz-Xaver Neubert von der University of Oxford hatten die Gehirne von 25 Menschen und 25 Makaken im Magnetresonanztomographen untersucht. Sie konzentrierten sich dabei auf den sogenannten ventrolateralen frontalen Kortex (vLFC). Beim Menschen ist dieser Bereich wichtig für die Verarbeitung von Sprache, für Entscheidungsfindungen und andere komplexe kognitive Prozesse.

"Einige Experten hatten argumentiert, dass der Mensch einen völlig neuen neuralen Apparat aufstellen musste, um diese Fähigkeiten zu entwickeln", erläuterte Neubert. "Andere sind jedoch der Ansicht, dass Vorläufer dieser spezialisierten Hirnbereiche auch schon in anderen Primaten angelegt waren."

Bereits vorhandene Regionen übernehmen Steuerung von Sprache

Die Forscher fanden nun zum Beispiel, dass die funktionelle Verknüpfung einzelner Bereiche in der Region sehr ähnlich ist - obwohl die Makaken bekanntermaßen nicht sprechen. Bei der Entwicklung der Sprachen seien möglicherweise bereits etablierte neuronale Prozesse in einem neuen Zusammenhang eingesetzt worden, schreiben die Forscher.

Deutliche Unterschiede fanden die Wissenschafter bei der Verschaltung der meisten Bereiche des vLFC mit Hirnregionen, die beim Hören eine wichtige Rolle spielen. "Dies könnte erklären, warum Affen bei einigen Höraufgaben so schlecht abschneiden und könnte darauf hindeuten, dass wir Menschen Hörinformationen anders nutzen, wenn wir Entscheidungen treffen", sagte Neubert.

Für eine Region des menschlichen Gehirns fanden die Wissenschafter überhaupt keine Entsprechung im Makaken-Gehirn. Diese Region sei an strategischen Planungen und am Multitasking beteiligt. Einige Regionen wiederum, die bei beiden Arten zu finden waren, spielen eine Rolle bei psychiatrischen Erkrankungen des Menschen wie ADHS oder Zwangserkrankungen. (APA/red)


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Nota. - Es gibt keinerlei Denkzwang, sich die Geschichte eines komplexen Gebildes als das Bündel von so- undsoviel individuellen Kausalketten vorzustellen. Es reicht die Annahme, dass die Kausalketten einander durchkreuzen und miteinander rückkoppeln, um zu der systemischen Vorstellung zu gelangen, dass ein Zu- stand aus dem vorherigen Zustand hervorgeht.

Genausowenig ist es notwendig, sich veränderte Leistungen eines Organismus aus dem Hinzukommen eines neuen Bestandteils zu erklären. Wenn man sich den Organismus als Wechselwirkung jeweils evolutionär de- finierter Organe denkt, lässt sich unschwer vorstellen, dass die Neuanpassung eines Organs an neue Heraus- forderungen auf die Fuktionsweise der andern mit ihm verknüpften Organe rückwirkt. Und wenn sich gar ein wirklich neues Organ ausbildet, wird eine Neuabstimmung der Funktionsweise des gesamten Organismus nötig.

Dass die Emergenz neuer Qualitäten in einem Systems ohne erkennbare quantitative Veränderung so vielen Naturwissenschaftlern weiterhin befremdlich erscheint, liegt nicht an ihr, sondern an dem tief im Knochen- mark verwurzelten Dogma der Kausalität von Druck und Stoß. Das wird sich mit der Folge der Generationen schließlich auswachsen.
JE





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