
KI macht Vorstellungen sichtbar
von Christiane Gelitz
Ein Team von der Universität Helsinki hat eine Technik entwickelt, mit der ein Computer ein Bild produzieren kann, das zeigt, was eine bestimmte Person mit einem äußeren Merk-malen passten: Mann oder Frau, alt oder jung, blond oder dunkelhaarig, ernst oder lächelnd. Ob ein Bild als solches erkannt wurde, konnte die KI aus EEG-Signalen ablesen, zum Bei-spiel an der charakteristischen Hirnwelle.
Aus dem kontinuierlichen EEG-Feedback entwickelte das künstliche neuronale Netzwerk ein Modell, das Bilder generierte, die in den Augen einer Person zu den fraglichen Merkma-len wie »alt« oder »blond« passen. Diese präsentierten die Forscher dann in einem zweiten Durchgang ein bis drei Monate später und baten um ein Urteil dazu, wie gut die Bilder – im Vergleich zu per Zufall ausgewählten Bildern – den Merkmalen entsprachen. Auf einer Ska-la von 1 bis 5 bewerteten die Befragten die Bilder mit im Schnitt 4,6 als sehr passend. Laute-te die Frage, welches Bild ein bestimmtes Merkmal in ihren Augen abbildete oder nicht, be-kamen die von der KI für das Merkmal generierten Bilder rund 90 Prozent, die Zufallsbil-der hingegen nur rund 42 Prozent Zustimmung.
»Die Technik erkennt keine Gedanken, sondern reagiert auf Assoziationen, die wir mit ge-danklichen Kategorien haben«, stellt einer der Autoren Michiel Spapé in einer Pressemittei-lung der Universität klar. Die Technik könne womöglich unbewusste Assoziationen aufdek-ken, zum Beispiel, wenn der Computer einen alten Menschen stets als lächelnden alten Mann darstellt: »Wir sehen so zum Beispiel, was eine Versuchsperson mit dem Alter assozi-iert.« Koautor Tuukka Ruotsalo sieht noch eine Einsatzmöglichkeit: »Wenn man etwas ma-len möchte, aber es nicht schafft, kann der Computer dabei helfen.«
Nota. - Nein, von Gedanken-lesen ist gottlob nicht die Rede; da würde es mir kalt den Rü-cken runtergehen. Nicht ein Computer entziffert ein analoges Bild und übersetzt es in digitale Zeichen - Buchstaben etwas oder sprachliche Laute -, sondern er erkennt wieder, nachdem er entsprechend programmiert wurde, was ein bestimmter Hörer mit einem gesprochenen Wort bildhaft assoziiert.
Daran ist bemerkenswert eigentlich nur der technologische Fortschritt. Gedanklich erheb-lich ist allerdings, dass im Gehirn anscheinend nur Analoges auffindbar, weil gespeichert ist; die digitale Repräsentation, die allerdings erst eine Bedeutung wiedergibt, geschieht wohl immer erst ad hoc und singulär. Das Gehirn "assoziiert" also Zeichen zu den Bildern; nicht umgekehrt.
JE
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