theintercept
aus Marxiana
Die
Dritte-Welt-Enthusiasten der sechziger, siebziger Jahre waren nicht alle
Neophyten. Ein paar waren darunter, die von der Kritik der Politischen
Ökonomie schon einiges studiert hatten. Die wussten natürlich, dass in
einem ökonomischem Sinn von einer Beteiligung der westlichen Arbeiter an
der Ausbeutung der Dritten Welt nicht die Rede sein konnte - näm-lich
was deren eigenen Ausbeutungsgrad betraf.
Nun stellt der Ausbeutungsgrad ein Verhältnis zu einer Basisgröße dar:
nämlich den Repro-duktionskosten der jeweiligen Arbeitskraft. Und die
liegen in den westlichen Ländern un-vergleichlich höher. Sie würden also
vom Weltkapital gegenüber den Werktätigen der Drit-ten Welt privilegiert.
Doch sind die Reproduktionskosten der Arbeitskraft im Westen nicht darum
hoch, weil hier die Arbeiter aus christlicher Nächstenliebe
traditionell mit Hühnchen und erlesenen Weinen verwöhnt würden,
sondern weil die Technologie der hiesigen Maschinerien von den
Arbei-tern in verstärktem Maße das verlangt, was im Jargon der
einschlägigen OECD-Bonzen Kompetenzen
heißt. Darauf müssen sie getrimmt werden und das braucht seine Zeit;
stör-rische Leute kann man nicht brauchen. Die Arbeitskraft reproduzieren
heißt in erster Linie die Ar- beitskraft ausbilden.
Auf die Idee sind die Vertreter des Kapitals nicht aus Philanthropie
gekommen, sondern weil eine politische Arbeiterbewegung seit Mitte des
19. Jahrhunderts (am Ende erfolgreich) darum gekämpft hat, den
wachsenden Anforderungn mit besserer Bildung zu begegnen - und zuerst
einmal mit einer Beschränkung der Kinderarbeit. Die ihm daraus
erwachsenen Ko-sten hat das Kapital wie immer kompensiert, indem es den relativen Mehrwert gesteigert und die Arbeit intensiviert hat. Und so weiter...
Dass aus alldem ein Transfer von Mehrwert aus der Dritten Welt in den Westen entstanden sei, ist nicht zu erkennen.
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