zu Geschmackssachen; aus Philosophierungen
Was alles geschieht, nennen die romanischen, vom Latein abgeleteten Sprachen real, und selbst das französich überformte Englisch. Real kommt vom Nomen res: Ding, Sache. Was geschieht, heißt auf Deutsch wirklich, und das kommt vom Verbum wirken. In den Spra-chen ist eine heimliche Ontologie vorgezeichnet.
Generell privilegieren
die romanischen Sprachen substantivische Konstruktionen, während in
germanischen Sprachen die Tätigkeitsform überwiegt. Fichte hatte das in
den Reden an die deutsche Nation als einen Vorzug des Deutschen
vor dem Französichen genannt und nicht zuletzt darum die Nationwerdung
der Deutschen zu einer Bildungsangelegenheit machen wollen.
Die Franzosen hielt er
allerdings, als Nachkommen der Franken, für einen deutschen Stamm - aber
einen, der seine ursprüngliche deutsche Sprache zugunsten des
neulateini-schen Französisch abgelegt hätte. Und den Vorzug des
Deutschen hielt er zudem für einen vorübegehenden - nachdem seit dem
Dreißigjährigen Krieg das Französische zur Sprache der Gebildeten
geworden war und das Deutsche verdinglicht hatte.
Bis heute hält sich im
Deutschen der nominale Stil - im öffentlichen Raum, genauer gesagt: in
der Verwaltung. Im wirklichen Leben fühlen wir uns selber und begegnen
uns die Andern als wirkend, das schlägt sich in unserem Reden nieder.
Die Verwaltung betrachtet alles - auch sich selbst - als Objekt.
Tätigkeiten gibt es da gar nicht, sondern nur Vorgänge.
Man könnte meinen, die
Nominalität des Französischen ermöglichte eine größere Diffe-renziertheit
der Sätze, indem nämlich die Vielzahl der Nomina dazu zwingt, sie in
mannig-faltige Stellungen zueinander zu bringen, um dem Satz eine Aussage
zu geben. Im Franzö-sischen kann man Sätze bauen, die sich über eine
Seite erstrecken, ohne dass ein Verb darin vorkommt - sondern
stattdessen zum Abschluss der Periode das dürftige Hilfsverb être. Deren
Aussage ist aber so undeutlich, dass man fast meinen möchte, sie hätte
keine. War-um? Weil die mannigfaltigen Stellungen der Substantive
zueinander in bloßem Dunst ver-schwimmt, wenn sie nicht dekliniert
werden können. Das Fehlen der Deklination ist die zweite Schwäche der
neulateinischen Sprachen. Sie sind ideal für den behördlichen Ge-brauch
und können durch ihren Klangreichtum sogar noch Bella figura machen.
Sie neigen bloß dazu, nichts zu sagen.
Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
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