Sehtestbilder zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
Empirische Befunde, egal in welchem Fach, können die Schemata der
Transzendentalphi-losophie nicht beweisen - weil die keine
Tatsachenbehauptungen sind, sondern Sinnbestim-mungen. Könnten sie aber
die sinnhaften Modelle der Transzendentalphilosophie wider-legen?
Auch das nicht unmittelbar. Doch in Verlegenheit käme die
Transzendentalphiloso-phie schon, wenn ihren Sinnbehauptungen der
Augenschein direkt widerspräche. Da müss-te sie eine Menge Dialektik
aufbieten, um den schlechten Eindruck wieder zu zerstreuen.
Weshalb sage ich das an dieser Stelle? Weil aus der Sicht des Transzendentalphilosophen das bewusst-Sein kein Zustand ist, sondern ein Akt, durch den sich das Ich bewusst macht. Wür-de nun der Hirnforscher eine Stelle im Gehirn finden, wo das Bewusstsein "sitzt" und
wo-möglich selbst im Schlaf noch blinzelt, oder eine Verschaltung
mehrerer Zentren, die eine dauerhafte 'höhere Ebene' bildeten - dann
würde das noch nichts beweisen und die Befunde wären immer noch erst sinnhaft zu interpretieren; aber man müsste sich schon einiges ein-fallen lassen, um glaubhaft zu machen, dass 'der Augenschein trügt'.
aus einem Kommentar, 24. 4. 2016
Nachtrag. -
Die Transzendentalphilosophie handelt von nichts objektiv Wirklichem.
Sie han-delt von unserem wirklichen Vorstellen; und von wirklichen Dingen
nur, inwiefern sie in der Vorstellung vorkommen. Sie ist selber eine
Vorstellung des Vorstellens. Die Neurophy-siologie kann mehr oder weniger genau beschreiben,
welche neuronalen Prozesse stattfin-den, wenn vorgestellt wird; aber was
sie dem Vorstellenden bedeuten, kann sie weder er-kennen noch erklären.
Wo etwa das bewusste Subjekt einen Kausalzusammenhang wahr-nimmt, kann
auch sie lediglich ein Vorher-Nachher beobachten.
Die Transzendentalphilosophie fasst bewusst-Sein als ein Handeln
auf. Der bewusst Vor-stellende sieht überall seine eigene Tätigkeit mit,
auch wenn er sie nicht bemerkt. Wo dieses auf jenes folgt, sieht er
einen Großen Handelnden
am Werk, den er sich nur als einen Wol-lenden denken kann, und sein
Wollen fasst er als Naturgesetze und Naturzwecke auf. Vor einem
bloß-Faktischen, das lediglich 'da ist' ohne ein Woher und Wozu, ist
seine Vorstel-lungskraft ratlos: Es muss ja doch irgendeinen Sinn haben!
Es ist der Vorstellende
selbst, der für all sein Tun und Lassen Sinn und Zweck braucht. Es ist
sein Wirken, das die Transzendentalphilosophie in allem Vorgestellten
aufdeckt. Sowie der Mensch bewusst wird,* ist er ein Handelnder, dass er für Alles einen Sinn und seinen Zweck sucht, macht seine Vernünftigkeit aus.
Weiter kann sie nicht
gehen, aber tiefer: Um den Menschen als einen schlechthin Handeln-den
bestimmen zu können, muss sie ihn zuvor als einen schlechthin Wollenden
gesetzt ha-ben. Das ist nun der Schlusspunkt der
Transzendentalphilosophie, von hier an kann sie nur wieder zurück und den Gang der Vernunft Schritt für Schritt rekonstruieren.
Das einzig Empirische daran ist die Erfahrungstatsache, dass
wir Menschen vorstellen. Alles andere ist Reflexion auf
Sinnzusammenhänge, vorauszusetzende Absichten, anzunehmende Zwecke:
nichts, was empirische Forschung beweisen oder widerlegen könnte. Und
doch ist sie wissenschaftlich: Denn sie lässt nichts gelten, als was sie
analytisch aufgefunden oder aus erklärten Gründen konstruiert hat. Ihr
einziger 'Beweis' ist, wenn und dass ihre Sätze unter-einander
zusammenpassen und als Ganzes einen Sinn ergeben. Dieser Sinn ist ein anthro- pologischer: das Bild vom Menschen als einem Wollenden und Zwecke Setzenden. Er ist aber, auch im System,
nur ein Postulat, beweisen lässt er sich nicht. Er kann sich allenfalls
im Leben bewähren. Doch ob er das tut, wird stets umstritten bleiben.
Das Verdienst der Transzendentalphilosophie ist, dass sie klargestellt
hat, worum der Streit geht.
*) Nur seines Handelns kann er bewusst werden.
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