Samstag, 27. März 2021

Vom absoluten Ich zur realen Person.

                            aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Das vernünftige Wesen setzt, nach dem oben geführten Beweise, sich als vernünftiges In-dividuum, statt welches Ausdrucks wir uns, von nun an, des der Person bedienen werden, dadurch, dass es sich ausschließend zuschreibt eine Sphäre für seine Freiheit. Sie ist dieje-nige Person, die ausschließend in dieser Sphäre wählt, und keine mögliche andere Person, die in einer anderen Sphäre wähle; so ist keine andere sie selbst, d. h. keine andere kann in dieser nur ihr zugeteilten Sphäre wählen. Dies macht ihren individuellen Charkter aus: Durch diese Bestimmung ist sie derjenige, der sie ist, dieser oder jener, der sich so oder anders nennt.
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J. G. Fichte, Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 56



Nota I. - Das sich selbst-gesetzt habende Ich findet sich schließlich vor als eines in einer Reihe vernünftiger Wesen, die es zur Vernünftigkeit aufgefordert haben. Wie weit immer es sich schon bestimmt habe - jene anderen ver- nünftigen Wesen haben es ebenfalls. Sie sind eines so bestimmt wie jedes andere. Zu Diesem-Einen muss es er- neut sich-selbst-bestim-men. Es unterscheidet sich, indem es sich einen besondern Raum aneignet, in dem nur es selbst die Freiheit hat, unter allen möglichen Zwecken diesen oder jenen zu wählen.

I nnerhalb dieses Raumes muss es sich mit den andren folglich nicht verständigen. Doch wo der Rand seines exklusiven Raums verläuft und wo Räume von Anderen beginnen, versteht sich nicht von selbst. Da wird ein Vertrag nötig werden.

Doch nie vergessen: Hier wird von keiner Geschichte erzählt, die sich zugetragen hat, son-dern die Genesis von Sinnbestimmungen vorgeführt.


14. 12. 18


Nota II. - Ich vergaß, darauf hinzuweisen: In der Wissenschaftslehre* führt der Weg nicht vom empirischen Selbst zum abstrakt-allgemeinen Ich, sondern umgekehrt vom abstrakt-allgemeinen Ich zur wirklichen Person. Der könnte - sollte - ein Ich als Ideal vorschweben. Der Philosoph mag es als Postulat aufstellen, doch wählen kann ein Ich es nur aus Freiheit.
 
wann?
 
*) Der erste, analytische Gang der Transzendentlphilosophie begann bei Kant mit der Vernunft bzw. der intelligiblen Welt und endet bei Fichte beim reinen Wollen. Von da aus rekonstruiert die Wissenschaftslehre in einem zweiten Gang, beginnend bei 'dem' Ich, die Ausbildung der Vernunft zu einer intelligblen Welt, die sie erkennt als eine 'Reihe vernünf-tiger Wesen' - die in ihrer Wirklichkeit besteht aus der Wechselwirkung empirischer Perso-nen.
JE  
 
 
 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

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