wikimedia zu Unsere Welt und die meine.
'Wirklich' ist allein (!) das
Erleben. - Ja, aber nun erlebt der eine dies, der andere jenes. Doch
genau besehen, gibt es einen enormen Vorrat von 'Dingen', die wir alle
gleich erleben, oder fast gleich, was in den meisten Lebensbereichen auf
dasselbe hinauskommt. All das, was wir grosso modo gleich erleben,
nennen wir gewohnheitsmäßig "die Welt". Wohl wissend, aber ungern oder
gar nicht bedenkend, dass es in meinem Erleben einen kleinen privaten
Son-derposten gibt, der - weil nur das Erleben wirklich ist, und alles
Erleben! - doch auch wirk-lich ist, also auch zur Welt gehört, aber nicht wirklich, nicht "für die andern"; dass also ins-geheim meine Welt immer ein bisschen wirklicher ist als die der andern, wenn jene auch den Schein der Übermacht für sich hat. -
Zweck der Schule ist es, mir den richtigen Eindruck von der Priorität 'meiner' Welt vor der Welt 'der andern' auszutreiben - und den andern ebenso: "Wirklich" soll nur das überprüf-bar gemeinsame Erleben sein; und wirklich wirklich auch nur das restlos gleiche,
das von der Wissenschaft als ein solches festgestellte. Das ist aber,
gemessen an dem, was alle-zu-sammen-jeder-für-sich erlebt hat, nur ganz
wenig. Das ist dann das wirklich-Wirkliche mit dem psychisch
'Normalen' als seinem Hof (so wie der Mond einen Hof hat); und noch weiter weg vom Kern dann die individuellen Phantasmata. -
Dies alles ist nun aber überhaupt nur nötig, weil wir zusammen arbeiten müssen. Denn dann reicht es nicht, dass wir uns von unserm jeweiligen Erleben nur erzählen; wir müssen uns darüber einigen können.
aus e. Notizbuch, 30. 12. 03
Das war also die Stelle, wo mir erstmals eingefallen ist, 'meine' Welt von 'unserer' Welt
systematisch zu unterscheiden. Dass die Eigenwelt des Irren sich zur
realen Welt der Nor-malen verhält wie ein privates Phantasma zu einem
kollektiven, und dass der Vorzug des letzteren ein lediglich
pragmatischer ist, war mir durch meine Erwerbstätigkeit klargewor-den. Aber auch, dass der Irre nur eine Extremvariante der Normalen ist. Dass also wir ebenfalls
in einem Zwiespalt zwischen meiner Welt und unserer leben und uns vom
Narren graduell nur dadurch unterscheiden, dass wir uns zwischen beiden
in einem Gleichgewicht halten.
15. 1. 15
Dass unsere Welt "auch
nur" ein Phantasma ist, so wie die Privatwelt des Verrückten, darauf
kommt es gar nicht an. Sondern darauf, dass ich mich in der einen mit
Andern verständigen kann, in der andern nicht. Doch worüber muss ich
mich mit andern verständigen? Über Zwecke, die ich mit ihnen gemeinsam
oder gegen sie verfolge, nämlich dort, wo wir einan-der begegnen. Über
Zwecke, die ich allein für mich verfolge ohne Berührung mit Andern,
brauche ich mich nicht einmal mit mir zu verständigen, wenn ich nicht
will.
Das ist der
Unterschied, auf den es wirklich ankommt: Welche Zwecke liegen in
'unserer', und welche Zwecke liegen in 'meiner' Welt? In der Abstraktion
lässt sich der Unterschied meist mühelos fassen. Doch in concreto wird
fast immer ein Problem daraus. Denn es ist ein pragmatisches Problem:
eines, das sich nicht vorab theoretisch und in Begriffen stellen und
also auch nicht lösen lässt, sondern praktisch, im Handeln selbst. Da
werde ich mit den Andern immer wieder in Streit geraten, und manchmal
werde ich finden, dass nicht sie im Irrtum waren, sondern ich. Dass wir
uns verständigen müssen, heißt ja nicht, dass es uns leicht wird. So ist
das Leben.
13. 8. 18
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen