Sonntag, 29. Mai 2022

Sie bedingen einander.

fotocommunity           aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik.

3) Grund des Zusammenhanges
 
a. Ohne eine Einwirkung auf ihn kann ich nicht wissen oder ihm nachweisen, dass er nur überhaupt eine Vorstellung von mir, von meiner bloßen Existenz habe. Gesetzt auch, ich erscheine als Objekt der Sinnenwelt und liege in der Sphäre der für ihn möglichen Erfah-rungen, so bleibt doch immer die Frage: ob er auf mich reflektiert habe; und diese kann er lediglich sich selbst beantworten.


b. Ohne Handeln auf ihn nach dem Begriffe von ihm als vernünftigem Wesen kann ich ihm nicht nachweisen, dass er mich notwendig für ein vernünftiges Wesen hätte ansehen müs-sen, so gewiss er selbst Vernunft hat. Denn jede Äußerung der Kraft kann von einer mecha-nisch wirkenden Natur-Macht herkommen. Nur die Mäßigung der Kraft durch Begriffe ist untrügliches und ausschließendes Kriterium der Vernunft und der Freiheit.
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J. G. Fichte, Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 45  



Nota. - Dass es virtuell in einer an-sich-seienden intelligiblen Welt 'Vernunft gibt', wäre oh-ne Belang, solange sie nicht in die Sinnenwelt hineinreicht. Es reicht der Metaphysik, aber es reicht nicht der Wissenschaftslehre, die eine oder andere ideale Notwendigkeit logisch zu konstruieren. Die Wissenschaftslehre soll zeigen, dass Vernunft im realen gesellschaftlichen Verkehr wirksam ist und unter den gegebenen historischen Bedingungen notwendig wirk-sam ist. Dies freilich unter dem alles bedingenden Postulat, dass Freiheit sein soll.
JE, 12. 2. 19

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