
Es werden darin beantwortet folgende drei Fragen:
I. Was ist Philosophie?
II. Wie wird sie im Systeme der WissenschaftsLehre behandelt?
III. Welche Veränderungen mit dem sonstigen Plane vorgenommen werden sollen und wie sie [sic] in diesen Vorlesungen behandelt werden soll.
ad I. Es soll keine bloße Definition gegeben werden, keine bloße Formel, bei der man wei-ter nichts denkt; sondern es soll genetisch gezeigt werden, was Philosophie sei; das heißt, es soll dargetan werden, wie der menschliche Geist zum Philosophieren kommt.
Es wird vorausgesetzt, dass man das Dasein der Dinge außer sich annehme; bei dieser An-nahme beruft man sich auf einen inneren Zustand. Man geht bei dieser Überzeugung in sich zurück in das Innere, man ist sich bewusst eines Zustandes, aus welchem man auf das Dasein von Dingen außer sich schließt. Nun ist man aber, inwiefern man sich bewusst ist, ein vorstellendes Wesen, man kann also nur sagen, man sei sich der Vorstellung von Dingen außer uns bewusst, und weiter wird eigentlich auch nichts behauptet, wenn man sagt, es gä-be Gegenstände außer uns.
Kein Mensch kann unmittelbar behaupten, dass er Sinne habe, sondern nur, dass er not-gedrungen sei, so etwas anzunehmen. Das Bewusstsein geht nur auf das, was in ihm vor-kommt, aber dies sind Vorstellungen.
J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 3
Nota. - Fichtes kritischer oder transzendentaler Idealismus betreitet ganz und gar nicht die Wirklichkeit der Welt. Er macht im Gegenteil die Überzeugung von einer objektiven Realiät zum Ausgangspunkt seines Vortrags. Allerdings fügt er sogleich hinzu, dass wir davon nicht wissen können, weil es entgegen dem Augenschein in unserer Erfahrung gar nicht vorkommt: In unserm Bewusstsein kommen nur Vorstellungen vor, und das sind Bilder. Nicht, ob die Bilder zutreffen, ist die Frage, sondern inwiefern dieser unserer Glaube begründet ist. Erst ein Glaube, der sich auf überprüfte Gründe stützt, darf sich Wissen nennen.
Fürs tägliche Leben macht das keinen Unterschied. Wohl aber fürs Philosophieren: nicht für das Geglaubte, sondern für den Glaubenden.
JE
Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen