zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
Ganz nahe verwandt und in demselben Gebiete liegt die Religionsphilosophie. Beide ma-chen aus eine dritte Philosophie: die Philosophie der Postulate, die Rechtsphilosophie des Postulats an die Freiheit, die Religionsphilosophie
des Postulats der praktischen Philosophie an die theoretische, an die
Natur, welche sich durch ein übersinnliches Gesetz dem Zweck der
Moralität akkomodieren soll. Diese Postulate abzuleiten und zu erklären
ist Wissen-schaftslehre; aber die Anwendung derselben im Leben ist nicht
mehr Wissenschaftslehre, sondern pragmatischer Teil der Philosophie,
und gehört in die Pädagogik sensu latissimo. _______________________________________________________________________ J. G. Fichte,Wissenschaftslehre nova methodo, S. 242f.
Nota. - Ich
muss zugeben, dass ich das nicht verstehe. Nicht nur, dass man die
Berechti-gung einer Religionsphilosophie wohl nur annehmen kann, wenn man
selber einer religiö-sen Lehre anhängt, was aber nur ein Faktum wäre und
kein philosophisches Thema; son-dern dass darüber hinaus eine besondere
Philosophie der Postulate nötig und möglich sei, die auf den Feldern,
wo Gründe nicht mehr herzuleiten sind, dieselben in pragmatischer
Absicht ersetzen können.
Das liegt daran, dass seine ganze Einteilung etwas Erzwungenes hat. Es folgt, als gewisser-maßen unerledigter Rest, die Ästhetik, der er weiten Raum zugedacht hatte, ohne ihr doch einen Platz im System zuweisen zu können. Das ist aber keine beiläufige Ungenauigkeit, sondern ein wirklicher philosophischer Mangel.
22. 5. 16
Nota II. - Als er dies vortrug, war der Atheismusstreit schon weit fortgeschritten. Es klingt wie ein Ausweichmanöver. Dass der Anfang aus Nichts, da er nicht erwiesen, sondern durch das vollendete System nur nachträglich gerechtfertigt werden kann, ihm in der Dar-stellung als Postulat voraus gesetzt werden muss, ist einmalig und berechtigt nicht zum frei-en Postulieren ins Blaue hinein. Gäbe es einen Grund für die Annahme, dass "die Natur ... sich durch ein übersinnliches Gesetz dem Zweck der Moralität akkomodieren soll", dann müsste darauf ein System erbaut werden, und Vernunftkritik und Transzendentalphilosohie hätten sich erübrigt.
Er hätte den geplanten Übergang zur Ästhetik nur energisch weitergehen müssen, dann hätte er nicht nur den Atheismusvorwurf, sondern auch Jacobis Vorwurf des Nihilismus unbeachtet links liegen lassen können.
JE
Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen