Donnerstag, 15. Juli 2021

Woher kommt „romantisch“?

perceval1                                                aus Neuromantiker

Das Wort romantic ist in England in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aufgekommen und bezeichnet die Charakteristiken der – damals spezifisch französischen – Literaturgat-tung le roman. Es wird eine Geschichte erzählt mit klarem Anfang und klarem Ende, in un-gebundener Form, mit womöglich mehreren Handlungssträngen, Verwicklungen und über-raschenden Wendungen. Der Roman unterscheidet sich vom herkömmlichen Epos dadurch, dass das Geschehen aus der Perspektive einer Hauptperson, oder doch mit Perspektive auf eine Hauptperson berichtet wird, so dass ein „roter Faden“ erkennbar bleibt.

Das Wort selbst bezeichnet seine französische Herkunft: Eine romantz war im Mittelalter eine Erzählung, die in der „romanischen“ Umgangssprache des Volks geschrieben war – statt im gelehrten Latein. Zwar wurde sie auch – von den Troubadouren etwa – in der Vers-dichtung verwendet; typisch war sie aber für den formal ungebundenen erzählenden Prosa-text, der in Latein nicht vorkam. So ist etwa der Perceval des Chrétien de Troyes nicht ge-reimt, im Unterschied zu Wolframs (jüngerem) Parzival (der vermutlich zunächst nur münd-lich vorgetragen wurde).

hoffmannlebensansichten1855bd2Den Brüdern Schlegel kam der Roman wegen all dieser Eigenschaften als die typische Kunstgattung der 'Moder-ne' vor, weshalb sie den Terminus romantisch selbst-verständlich auf ihre eigenen Produktionen anwende-ten. Charakteristische Weise hat es den romantischen Roman dann nie gegeben. Die Lucinde ist formal und inhaltlich schwach auf der Brust, im Ofterdingen fehlt es an jeglicher Verwicklung und jedem Funken Ironie (von andern Schwächen nicht zu reden; Novalis war ein besserer Philosoph als ein Dichter); der Godwi ist eine ebenso virtuose wie schülerhafte Stilübung „nach allen Regeln der Kunst“. Am ehesten dem ‚vollendeten’ Typus des romantischen Romans kommt der Kater Murr nahe – der, um das romantische Maß voll zu ma-chen, Fragment geblieben ist; aber nicht, wie es scheinen mag, weil der Dichter die Hand-lungsknoten nicht mehr zu entwirren wusste, sondern weil er – mit der Auflösung fertig im Kopf  –  unterm Schreiben verstorben ist.

Allerdings schrieb der Verfasser des Katers Murr schon früh: Die Musik sei „die roman-tischste aller Künste, da ihr Vorwurf nur das Unendliche“ ist.                  ________________________________________________________                                    *) E. Th. A. Hoffmann in: Fantasie- und Nachtstücke, München 1960; S. 39 

6. 11. 08  ....

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