Samstag, 27. Februar 2021

Die Haut ist die Grenze vom Ich.

               zuJochen Ebmeiers Realien aus welt.de, 25.02.2021                                                          Körperkontakt aktiviert das Gehirn und löst Hormonausschüttungen aus

Streichelfasern melden, wenn einen der falsche Mensch berührt.
Jede Berührung aktiviert Millionen Rezeptoren und sendet innerhalb von Millisekunden elektrische Impulse in verschiedene Regionen des Gehirns. Forscher verstehen mittlerweile besser, wie wichtig körperlicher Kontakt für unseren Körper, die Seele und den sozialen Zusammenhalt ist. 
 
Von Bernd Skischally 

Ein Faustschlag ins Gesicht schmerzt und lässt die Lippe bluten. Starkes Zwicken hinterlässt blaue Flecken. Kaum weniger folgenschwer sind jedoch gut gemeinte Berührungen: Wenn die Finger eines Menschen sanft über den Arm eines anderen gleiten, wenn sich nackte Körper aneinanderschmiegen, sich Nasen, Wangen, ganze Gesichtshälften reiben – dann erzeugt unser Organismus Gefühle, die zu den schönsten unserer Existenz gehören.

 

 

Körperliche Nähe fördert so den Zusammenhalt, lindert Schmerz und Stress und ist, dank seiner erregenden und stimulierenden Eigenschaften, die Grundlage unserer Sexualität. „Berührungsreize verändern die Biochemie des Gehirns auf dramatische und positive Art und Weise“, sagt Martin Grunwald vom Haptik-Forschungslabor der Universität Leipzig in der ARTE-Dokumentation „Die Macht der sanften Berührung“.

Elektrische Impulse für das Gehirn

Bis in die 1990er Jahre war die Forschung zu Berührungsreizen noch lückenhaft. Eine Wende brachte die Entdeckung einer besonderen Art von Hautsystem. So weiß man heute: Jede Berührung aktiviert Millionen Rezeptoren und sendet innerhalb von Millisekunden elektrische Impulse, sogenannte Mikroströme, über ein dichtes Netz an Nervenfasern in verschiedene Regionen des Gehirns. Spezialisierte Nerven lösen dann die Ausschüttung von Botenstoffen aus, also von Hormonen und Neurotransmittern, die für wachstumsfördernde Prozesse und andere positive Effekte sorgen. „Insofern ist die Folge eines Berührungsreizes immer eine ganzkörperliche Reaktion“, sagt Grunwald.

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Ein weiteres fehlendes Puzzlestück fanden Forscher Ende der 2000er, als sie ein zweites schwer zu lokalisierendes Nervensystem identifizierten – bestehend aus sogenannten C-taktilen Zellen, auch Streichelfasern genannt. Deren Signale benötigen ein bis zwei Sekunden, bis sie ins Gehirn gelangen, und richten sich speziell an Areale, die für Empfindungen, die Selbstwahrnehmung und das Reflexionsvermögen verantwortlich sind. C-taktile Zellen kommunizieren dadurch, ob eine Berührung angenehm ist – oder unangenehm, etwa wenn einen der falsche Mensch streichelt. „Ich denke, das ist es auch, was soziale Gruppen zusammenhält. Die Berührung reguliert über Belohnung den sozialen Kontakt von Gruppen“, sagt Francis McGlone, Neurowissenschaftler an der Liverpool John Moores University, in der ARTE-Doku.

Dank der Nervensysteme kann das Gehirn auch unterscheiden, ob sich ein Mensch selbst berührt – oder berührt wird. Da Letzteres zu völlig anderen Prozessen im Körper führt, liegt die Frage nahe: Lassen sich Haut-zu-Haut-Berührungen künstlich imitieren? Erste technische Lösungen für Distanzkontakt via Internet gibt es bereits. Eine „weiche, sensible Hautschnittstelle“ nennt John Rogers, Physiker und Chemiker der Northwestern University in Evanston, eine von ihm mitentwickelte künstliche Haut. Sie wird wie ein Pflaster auf den Empfänger aufgeklebt und kommuniziert kabellos. Kleine Elektroelemente wandeln Computersignale vom Touchscreen des Absenders in Druck- und Vibrationsimpulse um. Virtuelles Streicheln in Echtzeit? Nicht ganz. Denn sanfte Berührungen kann die Kunsthaut noch nicht simulieren.

 

Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.  

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