Sonntag, 14. Februar 2021

"Ich weiß" und die Denknotwendigkeit.

Beate Güldner                                            aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik 

'Ich weiß' bedeutet nach Wittgenstein: Es ist mir als gewiss bekannt. Bekannt wodurch? Das muss sich doch objektivieren lassen, sonst bietet es keinen Grund. Durch ein Gefühl, sagt Fichte, und assimiliert es den sinnlichen Reizen, die uns unsere Erfahrungen gewiss werden lassen.

Die Sinnesreize und ihr Weg ins Bewusstsein lassen sich bildgebend objektivieren,* das Denkgefühl nicht, könnten zeitgenössische Neurowissenschaftler einwenden. Das konnte Fichte noch nicht ahnen, doch hätte er mit der Gleichsetzung beider nicht vorsichtiger sein müssen? 

Streng genommen setzt er ja nur die Wirkungen gleich, nicht Herkunft und 'Wesen'. Viel besser macht das die Sache nicht, denn jetzt ist es eine Petitio principii: Dass das eine fürs Denken so notwendig ist wie das andere für die Erfahrung, ist ja, was er behauptet - aber noch beweisen müsste.

Es geht aber um Notwendigkeit zweierlei Grades. Der Widerstand der Dinge, der meine Gefühle begründet, ist ein Hinweis auf die Annahme ihrer Realität auch außerhalb meiner Vorstellung. Eine solche Beweislast wird der Denknotwendigkeit nicht aufgebürdet: Das Gefühl, nicht anders denken zu können, bleibt immanent und weist nicht über das Vorstel-len hinaus. Es bezeugt nur, dass das Denken mit sich einig und im Reinen geblieben ist. Wahrer kann es nicht sein. 

Mehr als das bedeutet freilich die Annahme der Wriklichkeit der Dinge außer uns auch nicht: Sie ist nicht sachlich erwiesen, sondern nur gedanklich gerechtfertigt. Mehr Wahrheit gibt es für uns nicht als - "Gewissheit".

*) Objektivieren lässt sich, dass etwas geschieht. Was geschieht natürlich nicht.

5. 11. 18 

 

 

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