Montag, 10. August 2020

Ist die rechte Hälfte schöpferischer?

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aus derStandard, 10. 8. 2020

Kreativität lässt sich per Gehirnstimulation gezielt fördern

Die Neurobiologie der Kreativität ist noch weitgehend ungeklärt, aber die Unterdrückung der linken Gehirnhälfte macht offenbar origineller

Kreativität ist die Grundlage künstlerischer Arbeit, ja im Grunde jeglicher Form von Inno-vation – und doch sind die neurobiologischen Grundlagen von Schöpfergeist und Origina-lität immer noch kaum erforscht. Ein Gruppe von Wissenschaftern von der Jacobs Univer-sity Bremen hat sich deshalb unsere Fähigkeit genauer angesehen, neue und originelle Lö-sungen zu entwickeln. Dabei gelangten die Forscher zu einer überraschenden Erkenntnis: Kreativität lässt sich durch Gehirnstimulation gezielt fördern.

Eine Komponente der Kreativität ist die Fähigkeit, nach mehreren Lösungen für ein einzi-ges Problem zu suchen. Daher wurden den Probanden der im Fachjournal "Brain Structure and Function" veröffentlichten Studie verschiedene Aufgaben gestellt: Wozu kann man et-wa einen Ziegelstein verwenden, wozu eine Büroklammer? "Je mehr Ideen die Testpersonen hatten und je ausgefallener sie waren, desto besser", sagt Radwa Khalil, Erstautorin der Stu-die.

Unterdrückung und Förderung

Gleichzeitig wurden die Gehirnaktivitäten gemessen. "Kreativität ist nicht einer bestimmten Gehirnregion zuzuordnen. Aus vorherigen Studien ist jedoch bekannt, dass Menschen mit einer Schädigung der linken Gehirnhälfte, zum Beispiel Schlaganfallpatienten, kreativer werden", erklärt Ben Godde, Professor für Neurowissenschaften und Koautor der Studie. Um diesen Effekt zu simulieren, nutzten die Forschenden ein Verfahren zur Gehirnstimu-lation, mit dem eine Gehirnregion unterdrückt und eine andere aktiviert werden kann. Die-ses Verfahren nennt sich "transkranielle Gleichstromstimulation." "Die Probanden mit einer aktiven rechten Gehirnregion waren eindeutig kreativer", sagt Radwa Khalil.

Zugleich maßen die Forschenden die Auswirkungen der inhibitorischen Kontrolle auf die Gehirnströme, also der Fähigkeit, seine Gedanken und Reaktionen zu kontrollieren statt ihnen freien Lauf zu lassen. "Unsere Studie zeigt zum ersten Mal, dass Kreativität mit Im-pulskontrolle zusammenhängt. Demnach haben Menschen mit einer geringeren Impulsko-ntrolle nicht nur soziale Schwierigkeiten sondern es fällt ihnen auch schwerer, kreative Lö-sungen für ihre Probleme zu finden", erläutert Ahmed Karim, ebenfalls Koautor der Studie.

Gezielte Förderung

Ziel der Forschung ist es, die neurobiologischen Vorgänge der Kreativität besser zu ver-stehen. "Je besser uns dies gelingt, desto gezielter kann man sie fördern, etwa durch Trainingsprogramme", beschreibt Radwa Khalil die Bedeutung ihrer Forschung. (red,)

Studie

 

Nota. - Die Erfahrung lehrt, dass kaum ein Forschungsergebnis so sehr mit Mostrich zu genießen ist, wie eines zu den Gehirnhälften. Da werde ich lange warten, ehe ich das kom-mentiere. 

Heute nur so viel: Dass einem was einfällt, ist allein noch nicht viel wert. Man muss es auch behalten können, um es zu haben. Dazu gehört fest-stellen und eingrenzen; bestimmen, kann man sagen. Ob dabei nicht auch die linke Hälfte zum Zuge kommt?

JE

 

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