aus Geschmackssachen
Das "Genie der Moderne" hat ihn der Leiter der Kunstredaktion in der Neuen Zürcher ge-nannt, und hat damit voll ins Schwarze getroffen; allerdings in einem ganz andern Sinn, als er denkt. Das Genie der Moderne ist, dass zum obersten Sinnstifter der Markt geworden ist. Seit im Goldenen Zeitalter in Amsterdam ein Kunstmarkt entstand, wird auch in der Bilden-den Kunst der Tausch den Wert bestimmen, aber seine Vollendung fand das erst im zwan-zigsten Jahrhundert, und Blut und Fleisch wurde es in Pablo Ruiz, der früh erkannte, dass er es mit dem Namen nicht weit bringen würde, und sich nach seiner Mutter Picasso nannte.

Dass
er gar nicht malen konnte, werde ich nicht sagen, die frühen Pariser
Sachen sind ja nicht schlecht, aber eine Jahrhundertbegabung
offenbaren sie nicht gerade, weder in Zeich-nung, Farbgebung, Verhältnis
der Massen noch gar - in der Motivik. Harlekins und Akroba-ten, na schön.
Aber immer wieder? Fällt ihm sonst nichts ein?
Eben:
Das ist das Problem. Es ist zeitgenössische Genremalerei, sowas geht
beim Publi-kum, das ist nicht zu verschmähen. Das kann einer aufgeben,
dem die Bilder nur so in den Kopf schießen und der einen großen
gestalterischen Drang hat. Der wird meinen, ums Publikum kannst du dich
immer noch kümmern, erst musst du mal wissen, wo's lang geht. Das ist
nicht Picassos Fall. Der sichert sich zuerst sein Publikum, wo's lang
geht, wird man sehen. Auf jeden Fall muss man interessant sein. Wo ein
Deutscher sagt, 'der macht sich wichtig', sagt der Franzose: il fait l'intéressant, zwei Nationalcharaktere kommen da zur Spra-che und machen verständlich, wieso neben den Fauves unsere Expressionisten so bierenst wirken.
Seinen Stil hat er längst gefunden, was immer sonst geraunt wird: Es ist die Manier.
Der Stil arbeitet heraus, worauf es dem Künstler ästhetisch ankommt;
das andere kann er vernach-lässigen. Die Manier arbeitet heraus, was dem
Publikum auffallen soll. Und wenn es sonst nichts anderes ist als eine
andere Farbe, Rosa anstelle von Blau. Das generiert auch gleich eine
Marketingkategorie: Rosa Periode, das davor wird ipso facto zur Blauen
Periode, wirk-lich intéressant!
Die
Manier hat freilich - zumal, wenn sie Erfolg hat - den Nachteil, dass
bald alle ein Stück davon in der Wohnung haben, und dann muss Neues her.
Eine andere Manier eben.
"Die Blaue und Rosa
Periode waren die Paravents, hinter denen ich sicher war. Im Schutz
meines Erfolgs habe ich tun können, was ich wollte, alles was ich
wollte", wird
er oben zi-tiert. Aber tatsächlich hat er hinterm Paravent seines
Erfolges verschleiern können, dass er in Wahrheit gar nichts wollte;
jedenfalls nicht künstlerisch, da war ihm eins so gut wie das andere.
Dass der Erfolg mal nur nicht nachließ - das war 'alles, was er
wollte'. Und da er früh zu üben begonnen hatte, schaffte er's bis über
den Tod. Ist er Risiken eingegangen? Sagen wir mal: Er hat genial
gezockt.
Dass
das alles nichts taugt, werde ich nicht sagen, ich bin ja nicht blöd;
manches ist sogar ganz gut, aber das sind nicht unbedingt die
berühmtesten Sachen... Doch
Furore gemacht hat er mit den immer wieder brandneuen Manieren, damit
hat er Epoche gemacht, er hat einen Maßstab gesetzt, und wenn einer
verantwortlich ist für den Zustand der Gegenwarts-kunst und für die
Erwartungen des Markts, dann ist er es, das konnte kein Avida Dolars ihm streitig
machen; Kunst ist Bluff, der sich bezahlt macht.
Dass er der bedeutendste Maler des 20. Jahrhunderts wäre, glaubt ja wohl keiner im Ernst.
Nota - Die obigen Bilder gehören mir nicht, ich habe sie im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog JE
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen