Donnerstag, 10. Februar 2022

Charakter der Vernünftigkeit ist Konsequenz.

                              aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Durch jeden meiner Begriffe wird der folgende in meinem Bewusstsein bestimmt. Durch den [hier] gegebenen Begriff ist eine Gemeinschaft bestimmt, und die weiteren Folgerungen hängen nicht bloß von mir, sondern auch von dem ab, der mit mir dadurch in Gemein-schaft getreten ist. Nun ist der Begriff notwendig, und diese Notwendigkeit nötigt uns bei-de, über ihn und seine notwendigen Folgen zu halten [sic]: Wir sind beide durch unsere Exi-stenz aneinander gebunden und einander verbunden.

Es muss ein uns gemeinschaftliches und von uns gemeinschaftlich notwendig anzuerken-nendes Gesetz geben, nach welchem wir gegenseitig über die Folgerungen halten; und die-ses Gesetz muss in demselben Charakter liegen, nach welchem wir eben jene Gemeinschaft eingegangen [sind]: dies aber ist der Charakter der Vernünftigkeit, und ihr Gesetz über die Folgerungen heißt Einstimmigkeit mit sich selbst oder Konsequenz, und wird wissenschaft-lich aufgestellt in der gemeinen Logik.

Die ganze beschriebene Vereinigung der Begriffe war nur möglich in und durch Handlun-gen. Die fortgesetzte Konsequenz ist daher auch nur in Handlungen: kann gefordert wer-den und wird nur gefordert in Handlungen. Die Handlungen gelten hier statt der Begriffe, und von Begriffen an sich, ohne Handlungen, ist nicht die Rede, weil von ihnen nicht die Rede sein kann.
_______________________________________________________________________J. G. Fichte, Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 48


Nota. - Die so begründete Gemeinschaft ist ein Vertrag. Aus ihm kann man nur ganz oder gar nicht austreten. Wer nachträglich einzelne Artikel desselben leugnet und ipso facto die Konsequenz aufkündigt, gibt die 'Einstimmigkeit mit sich selbst' auf und ist nicht länger der Kontrahent, mit dem der Vertrag geschlossen worden war.

So wie ihm zuzumuten ist, sich an die getroffene Wechselbestimmung zu 'halten', ist ihm auch zuzumuten, sich an alle folgerichtig daraus ergebenden Schlüsse zu halten. 

Die formale Kodifizierung der vorausgesetzten und der noch zu ziehenden Schlüsse ist die Logik. Und sie ist nichts als das. Sie ist notwendig nur unter einer (beständigen) Vorausset-zung: der wechselseitigen Anerkennung in der Reihe vernünftiger Wesen.
JE, 17. 2. 19






Nota.
Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

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