prezi aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
Ich muss allerdings
annehmen, dass ich die Materie im Raume außer mir nicht nur teilbar
denken, sondern auch wirklich teilen könne. Aber ich kann dies nicht
unmittelbar durch den Willen, sondern ich muss erst durch Mittelzustände hindurchgehen.
Aber die Materie, worin durch den bloßen Willen etwas geschieht, ist
mein Leib, in wiefern er artikuliert, nicht inwiefern er organisiert
ist. (Es ist hier vom Leib die Rede, in wiefern ich durch ihn wahrnehme und wirke,
in wiefern er Sinn ist und Organ; er ist das System meiner Gefühle, das
Medium, durch welches Anschauung und Gefühl vereinigt wird. Zum
Verdau-en und Blutumlauf tut mein Wille nichts, aber mein Hand- oder
Fußbewegen hängt von ihm ab.)
Also das System meiner Begrenzbarkeit und meines Strebens in der synthetischen Vereini-gung gedacht wird mir zum artikulierten Leibe; dadurch wird Anschauung und Gefühl ver-einigt, ich schaue mich an als fühlend, indem ich mich fühle als anschauend ein Objekt im Raume.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 120
Nota. -
Ein Leib-Seele-Problem taucht hier nicht auf: Der Leib ist selber die
Synthesis von (physiologischem) Fühlen und (intellektivem) Anschauen. Er
ist es aber nur, wenn seine Einsheit als System begriffen wird.
Dann kann man auch nicht mehr auf die Schnapsidee verfallen, zwischen 'dem Hirn' und einem ominösen Extra-Ich zu unterscheiden. Mehr als dieses System bin 'ich' nicht, aber auch nicht weniger.
JE, 17. 11. 16
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