zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkrittik
4) Was wird nun aus
diesem Triebe des Ich folgen? Man denke, das Ich würde nicht be-grenzt,
sein Trieb würde Tätigkeit, so wäre das Ich ein Selbstaffizieren und
weiter nichts, das Ich wäre nicht gebunden, es wäre sonach keine ideale
Tätigkeit, ideale und reale Tä-tigkeit fielen zusammen. So etwas können
wir uns nicht denken, es wäre das Selbstbe-wusstsein eines gedachten
Gottes (vide compendium, p. 265 die Parenthese).
Von diesem Zustand
wollen wir übergehen zur Beschränktheit, jetzt kann das Ich nicht
handeln, seine praktische Tätigkeit ist angehalten. Nun ist der
Charakter des Ich, dass es sich idealiter setze oder anschaue; dies ist
erst jetzt möglich, denn jetzt ist etwas Gehaltenes da. Es muss ein
Bewusstsein des Triebes oder der Beschränktheit notwendig geben. Aus dem
Triebe folgt Bewusstsein.
Wenn das Ich lauter Tätigkeit wäre und keine Beschränkung in ihm vorkäme,
so könnte es sich nicht seiner Tätigkeit bewusst werden. Es kann im Ich
nichts vorkommen ohne Be-wusstsein, nun kommt hier der Trieb vor,
folglich muss Bewusstsein desselben dasein.
Anmerkung: A)
Hier teilen sich ideale und reale Tätigkeit, und die oben beschriebene
En-gegensetzung beider wird möglich. Wir stehen an der Grenze des
Bewusstseins, weil wir den Ursprung alles Bewusstseins sehen.
B) Ideale Tätigkeit ist nur eine gebundene; ihr unmittelbares Objekt ist die praktische [Tätig-keit],
ihre Gebundenheit hängt von der praktischen ab, diese muss
ursprünglich ein Streben sein, und dies ist der Ursprung des
Bewusstseins.
_______________________________________________________________________J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, S. 67
Nota. - Die wirklich in unserer Welt vorkommenden Menschen haben Bewusstsein; ein Ich hat sich gesetzt: Das ist der Ausgangspunkt. Die Tatsache der Vernunft ist gegeben, deren Kritik bestünde gerade nicht darin, zu demonstrieren, dass und wie es so kommen musste - so als wäre zweifelhaft, dass sie ist -, sondern herauszufinden, wie es möglich war. Es ist kei-ne rückwärtsgewandte Prophetie "aus dem Glauben", sondern die akribische Suche nach wirklich vorfindlichen Bedingungen.
Dass es möglich war, bedarf keines Beweises, es ist ja geschehen. Wie es möglich war, muss zunächst erraten und dann versuchsweise als Bestimmungsgrund eingesetzt werden: Es wird sich bewähren oder nicht. Wenn Fichte von Spekulation spricht, ist dieses Verfahren gemeint, das er das genetische nennt.
Wo wir an der Grenze des Bewusstseins sind, wird sich das nicht umgehen lassen.
JE
Nota - Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog. JE
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