Mittwoch, 3. November 2021

"Information".

Nürnberger Trichter                                                                    aus Philosophierungen

Unlängst habe ich die Verwirrung beanstandet, die der Informations-Begriff in der öffent-lichen Diskussion anrichtet. In jedem Fach wird er in anderm Sinn verwendet. Wenn ich zum Beispiel einen Fußball in Richtung Tor schieße, gebe ich ihm eine "Information": Das hat einen Sinn, aber nur einen ganz dürftigen, oder richtiger, nur in ganz spezischem fach-lichen Zusammenhang.

Oben ist aber von Psychologie die Rede. Aus einem Grund, den sie nicht nennt, will die Autorin von Information nur reden, wenn eine solche weitergeleitet wird; nicht aber, wenn spontan erzeugt. Wen ein Neuron von sich aus 'feuert', erteilt es den Neuronen, zu denen es Verbindung hat, eine Information, was sonst; und in vermittelter Weise dem gesamten Or-ganismus. Sie bringt zugleich Aufmerksamkeit und Absicht ins Spiel, die eine Information 'verstärken' und dauerhafter machen, sozusagen Information von höherem spezifischen Gewicht. Gemeint ist anscheinend die Dynamik, die 'in der Information steckt': ihre Fähig-keit, einen Empfänger weiter hinten in der Kette zu einer Reaktion zu veranlassen. 

Letzteres scheint das zu sein, worauf es auf jeden Fall ankommt: nicht, was die Information 'selber ist', sondern in welchem Maß sie wirkt. Doch dann geht das Rätseln weiter: wirkt wie eine Queue auf die Billardkugel, oder wirkt wie ein vernünftiges Argument auf einen freien Willen?

Es wird ihr nichts anderes übrigbleiben - die Autorin wird früher oder später den freien Willen* als differentia specifica einführen müssen, wenn sie von Information mal in diesem, mal in jenem Sinn reden will. Da haben Aufmerksamkeit und Absicht einen Sinn. Aber für Stärke und Dauerhaftigkeit können sie in der Physik nicht verantwwortlich gemacht werden. - Kurz und gut, ich vermute, wir sind gut beraten, wenn wir auf das Wort immer dann ver-zichten, wenn es nicht eindeutig und wenn es nicht unersetzlich ist; also meistens.

11. 3. 20 

... Information ist das, was man philosophisch Bestimmtheit nennt. Philosophisch gehört sie dem Bestimmenden zu. Wem gehört die Information zu, von der der Physiker spricht? Es ist wahr, dass die Frage den Physiker als solchen nichts angeht. Aber die Vernunft geht es etwas an, und da steht der Physiker nicht drüber. Wem will er eine Eigenschaft ohne Sub-strat weismachen, eine Eigenschaft ohne einen, der sie hat? Ein Wie ohne ein Was! Das mö-gen Philosophen, die Kants kopernikansiche Wendung verschlafen haben, den Physikern zumuten wollen - aber doch nicht Physiker den Philosophen! 

Werden sie antworten: Das ist auch so eine Singularität? Wenn es von Singularitäten, von denen es definitionsgemäß nichts zu wissen gibt, überall wimmelt, kann von Wissen schaft wohl bald keine Rede sei. Es würde postuliert ein 'eigentlicher' Stoff hinter oder unter dem, was - und sei es experimentell noch so vermittelt - erfahrbar ist. Das kann man heuristisch schon mal postulieren - aber doch nur, wenn man es als Problem auffasst, das es zu lösen gilt; aber nicht, um es dogmatisch theoretischen Spekulationen zugrunde zu legen.

Der Begriff Information stammt auch gar nicht aus der Physik, sondern aus der Kybernetik. Dort wird er aber nicht konstitutiv gebraucht, sondern regulativ. Sie operiert mit ihm, aber konstruiert nicht, und so ist es auch in Ordnung. ...

8. 3. 20 

*) oder, was aber auf dasselbe hinausläuft, die Urteilskraft

 

Nachtrag. 'Information' ist alles, was der Philosoph eine Bestimmtheit nennt. Bestimmt ist alles, wird ipso facto alles, sofern darauf abgesehen wird. Nun kann man auf Alles 'absehen' - unter der einzigen Bedingung, dass es sich von mindestens einem Andern unterscheiden lasse. Da es aber keine Zwei auf der Welt gibt, die in jeder Hinsicht - und sei es die von Raum und Zeit - mit einander völlig identisch sind, ist die Anzahl möglicher Informationen in der Welt... unendlich.

11. 11. 2021

 

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