Mittwoch, 7. Oktober 2020

Zweck-überhaupt.

                                   aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkriti                                                                                        
Wollen-überhaupt ist das Noumenon, das nötig wurde, um das Tätigwerden des Ich zu ver-stehen (=einen Sinn darin 'wahr'-zu-nehmen). Wollen in specie bedarf indessen eines – je be-sonderen – Zweckbegriffs. Ausgangspunkt ist immer: dass die Menschen tatsächlich tätig werden, nämlich hier, wo von ihren Vorstellungen die Rede ist, im Denken. Begriffe von den Dingen werden möglich durch Absichten mit den Dingen.

Dem steht gegenüber der Begriff des Zwecks-überhaupt. Zunächst eine summative Abstrak-tion: der Inbegriff aller möglichen Zwecke. Als solcher ist auch er: Noumenon. Real kann ich mir darunter nichts vorstellen. Er ist rein ideal. Brauche ich ihn, um mir unter den je konkreten Zwecken etwas vorzustellen? Nein. Sie sind real, er nicht.

Wollen-überhaupt gibt dem tatsächlichen Wollen der historischen Individuen einen Sinn: 'Ich' bin a priori um-zu. (Menschsein ist schlechthin intentional, würde der Adept einer andern Schule sagen.) Um das wirkliche Wollen historischer Individuen zu verstehen, ist das jedoch nicht nötig: Dass und was sie wollen, ist zu allererst bedingt und bestimmt durch ihre – durchs Gefühl vermittelte – physische Organisation; "Naturbedürfnis", essen, trinken und dies und das. Das bedarf keiner Erklärung und keines Verständnisses.

Einer Erklärung und eines Verständnisses bedürfte das historische Faktum, dass sich die Menschen, wohin man in ihrer Geschichte auch blickt, damit nie beschieden haben; bedürf-te einer realwissenschaftlichen Erklärung. Transzendentalphilosophisch ist es durch den Be-griff des Reinen Wollens mitgesetzt. Es begründet ein unendliches Streben, das Fichte an anderer Stelle Trieb nennt. Bedingt ist es rückwärts: durch die Tatsache der Tätigkeit, sie soll es erklären; es ist Noumen, es kann und muss seinerseits nicht gerechtfertigt werden. 

Namentlich nicht durch einen Zweck-überhaupt. Der ist, anders als das Reine Wollen, kein Begriff, sondern eine bloße Idee, und als solche kann sie nichts begründen, sondern allen-falls praktisch rechtfertigen. Das liegt dann aber schon jenseits der Transzendentalphiloso-phie.
19. 10. 15

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.. JE

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