Die Vorstellung von einem Denkzwang,
gar von Denkgesetzen ist die ärgste Kopfnuss der Transzendentalphilosophie: Also doch etwas, das elementarer wäre als die freie Tätigkeit
des Ich?
Ein jedes Objekt hat eine Form: dass es ist; und es hat eine Qualität: was es ist. Das Objekt ist, wie es ist. Dass es ist macht aus den Widerstand, den es meiner möglichen Tätigkeit ent-gegensetzt. Welchen Widerstand es leistet, hängt von der Art meiner Tätigkeit ab; auf Seiten des Objekts ist nur dass. Das Dass ist ein Abstraktum, es betrifft Jedes, das Was ist konkret, es betrifft nur Eines.
Die Gegebenheitsweise des Dinges ist Sein: dass es einer Tätigkeit
widersteht. Die Gegeben-heitsweise seiner Bedeutung (seiner Qualität) ist
Gelten: Es gilt als... was? Das Was ist ge-setzt durch die konkrete Tätigkeit, der es widersteht: dass es dieser Tätigkeit widersteht. Ich tue nie überhaupt, sondern tue immer dieses. Und dieses ist bestimmt durch den Zweck, den ich verfolge. Der macht das quale aus, und das liegt ganz bei mir. Quale ist das, als was das Ding gilt - mir bei dieser Tätigkeit.
Es ist daher nicht zu unterscheiden zwischen gelten-überhaupt und gelten-als-dieses. Wirk-lich ist Gelten nur konkret. Gelten-überhaupt
ist ein Abstraktionsprodukt des reflektieren-den Verstandes, das den
wirklichen Vorstellungen als bloße Hülle nachträglich übergestreift
wird. Es ist nicht selber Denken, sondern Denken des Denkens. (Von realer und idealer Tä-tigkeit spricht Fichte.)
Denken ist das Zuschreiben von Geltungen. Wo Sein gedacht wird, gilt es als Sein. Es kann die Form nicht mit der Qualität in Widerspruch geraten, weil sie nicht unterschieden sind.
Wenn b aus a folgt und c folgt aus b, dann folgt c aus a. Man kann nicht
anders denken. Es ist so, es lässt sich daran nichts erklären. Aber es
lässt sich explizitieren. Der Denkzwang ge-schieht durch die Vorstellung
des Folgens. Wenn ich sie so gebrauche - wenn sie so gilt -, muss ich sie beim nächstenmal ebenso gebrauchen, oder es gälte eine andere. Sie ist keine formale Bestimmung. Sie ist das Bild einer bestimmten Handlung: vom Tun eines Machers. Sie liegt der Vorstellung von logischer Notwendigkeit ebenso zugrunde wie der Vorstellung von Ursache und Wirkung, und die metaphysische Gleichsetzung der beiden hatte einen ge-netischen Grund.
Corollaria
Sein kann ich
substantivieren, weil es tot ist. Es ist Objektität (unbestimmtes Dass) -
unter der Bedingung einer Subjektität: der bestimmenden Tätigkeit eines
Andern. In dem ist die Tätigkeit substantiviert. Das Wirkliche ist die
Tätigkeit in ihrem zeitlichen Verlauf; die Sub-stantiva sind Zutaten der
Reflexion.
Zu einer Geltung kommt,
worin sich der Zweck einer Tätigkeit vergegenständlicht. Zweck der
Tätigkeit und Geltung des Gegenstands sind dasselbe; nämlich
entgegengesetzte Sub-stantivierungen eines Tuns - eigentlich müsste ich
schreiben: eines tuns -, das in seinem Ver-lauf eines ist; außerhalb der Zeit als Begriff sistiert, was wirklich nur in der Zeit geschieht.
Das Qualifizierende ist die Tätigkeit, indem sie diesem - und nicht irgendeinen - Zweck gilt. Indem ich dem Gegenstand die Form meines Zwecks einbilde, bestimme ich ihn zu Diesem. Es gilt heißt daher: Ich bestimme.
Welche tiefe semantische Fallgrube des Hilfsverb sein ist, wenn es zu dem Nomen das Sein substantiviert wird, hat sich herumgesprochen. Eine noch tiefere Fallgrube ist aber das Ver-bum tun, das, sobald es im Satz objektiviert werden soll, unweigerlich die nominale Form das Tun und die Tätigkeit annimmt, die glauben macht, es könne ein Tun geben, ohne dass ich tue. Ich will sagen: mein tun. Doch schreiben muss ich: mein Tun. Ich denke es sogar, obwohl ich es nicht meine.
Das Quale des Tuns ist der Zweck, dem es gilt; und daher der meines Gegenstands.
Das
muss alles erst noch durchgären, aber ich glaube, ich bin dem Denkzwang
dicht auf den Fersen. Die Mystifikation geschieht durch die Vorliebe
der Sprache für die Nominis, oder richtiger: ihre Aversion gegen tun. In den ersten Klassen sagten wir noch Tuwort. Später hieß es Tätigkeitswort.
Nota. - Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
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