Es gibt zwei sehr verschiedene Standpunkte des Denkens; den des natürlichen und gemei-nen, da man unmittelbar Objekte denkt, und den des vorzugsweise so zu nennenden künst-lichen, da man, mit Absicht und Bewußtsein, sein Denken selbst denkt. Auf dem ersten steht das gemeine Leben, und die Wissenschaft; auf dem zweiten die Transzendentalphilo-sophie, die ich eben deshalb Wissenschaftslehre genannt habe, Theorie und Wissenschaft alles Wissens, keineswegs aber selber ein reelles und objektives Wissen.
Die
philosophischen Systeme vor Kant kannten großenteils ihren Standpunkt
nicht recht, und schwankten hin und her zwischen beiden. Das unmittelbar
vor Kant herrschende Wolffisch-Baumgartensche stellte sich mit seinem
guten Bewußtsein in dem Standpunkte des gemeinen Denkens und hatte
nichts geringeres zur Absicht, als die Sphäre desselben zu erweitern und
durch die Kraft ihrer Syllogismen neue Objekte des natürlichen Denkens
zu erschaffen. [...]
Diesem
System ist das unsrige darin gerade entgegengesetzt, daß es die
Möglichkeit, ein für das Leben und die Wissenschaft gültiges Objekt
durch das bloße Denken hervorzubringen, gänzlich ableugnet und nichts
für reell gelten läßt, das sich nicht aufMetaphysik das System
reeller, durch das bloße Denken hervorgebrachter Erkenntnisse sein soll,
leugnet z. B. Kant, und ich mit ihm, die Möglichkeit der Metaphysik
gänzlich. Er rühmt sich, dieselbe mit der Wurzel ausgerottet zu haben,
und es wird, da noch kein verständiges und verständliches Wort
vorgebracht worden, um dieselbe zu retten, dabei ohne Zweifel auf ewige
Zeiten sein Bewenden haben.
Unser
System, das die Erweiterungen wieder zurückweist, läßt sich ebensowenig
einfallen, das gemeine und allein reelle Denken selbst zu erweitern,
sondern will dasselbe lediglich darstellen und erschöpfend umfassen. Wir
denken im philosophischen, das objektive Den-ken. Unser philosophisches
Denken bedeutet nichts und hat nicht den mindesten Gehalt; nur das in
diesem Denken gedachte Denken bedeutet und hat Gehalt. Unser
philosophi-sches Denken ist lediglich ein Instrument, durch welches wir
unser Werk zusammensetzen. Ist das Werk fertig, so wird das Instrument
als unnütz weggeworfen.
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